Joseph Zitos „Invasion U.S.A.“ erweitert unseren Rückblick auf das berüchtigte Werk der Cannon Films – denn nicht umsonst hieß es auf jeder ihrer Videokassetten: „We’re Cannon Films and we’re dynamite!“

Denkt man an Chuck Norris, denkt man an hemdsärmelige Texas-Ranger-Eskapaden, glorreiche Kämpfe mit Bruce Lee und Internet-Witze, die seine übermenschliche Männlichkeit ad absurdum führen. Die öffentliche Wahrnehmung bewegt sich somit zwischen behaupteter Ehrfurcht und enthemmender Ironie. Was dabei aber selten zur Debatte steht, sind die Filme, in denen die mythische Qualität der Action-Ikone wirklich zur Geltung kommt. „Invasion U.S.A.“ steht dahin gehend an vorderster Stelle, da er die Funktion des gerechten Rächers als omnipräsente Macht gegen das Böse in der Geschichte der Filmwelt verinnerlicht. Natürlich ist Joseph Zitos Werk ein durch und durch beglückender Genrefilm und voller aberwitziger sowie größenwahnsinniger Momente. Seine Erzählweise und Inszenierung suggerieren jedoch einen selbstbewussten Querschnitt durch die Essenzen des US-amerikanischen Actionkinos, das sich hier ohne Kompromisse offen legt.

Das zeigt sich bereits in der Einführung der bösen Mächte unter der Leitung von Mikhail Rostov (Richard Lynch), welche ohne Erbarmen ein Schiff an Flüchtlingen niedermetzeln. Der Schock erklärt schnell „Das sind die Bösen“, entpuppt sich im Verlauf aber auch als Grausamkeit, die als Bild des Terrors Unsicherheit im Volk verbreiten soll. Rostov und seine Schergen planen nämlich die feindliche Übernahme der Vereinigten Staaten, ohne damit ein bestimmtes Ziel zu erklären. Das Böse breitet sich einfach so aus, wenn man es nur lässt. Und der Film wird im Verlauf mehrere Stationen anlaufen, in denen es einfach aus dem Nichts erscheint und geradlinig in die Dunkelheit reitet. Eben eine vermenschlichte Macht ohne bestimmte Nationalität oder Hautfarbe: Hier mischen alle im Negativen mit und erstrecken sich im Drang zum Hass über die gesamte Westküste. Soweit sogar, dass Rostov selbst mit seinen Verbündeten scheinbar wahllos auf Kriegsfuß ist, deren Eier mit Blei vollpumpt und im selben Moment auf ihre Häupter spuckt. Der Witz an diesem Bösen ist jedoch, dass es selbst mit der Unsicherheit zu hadern hat.

Diese Unsicherheit zeigt sich im Verhältnis zur Manifestation des Guten. In diesem Fall: Matt Hunter (Chuck Norris). Als Veteran des Geheimdienstes muss er gar nicht mal aktiv sein, um Rostov stets als Gefahr im Hinterkopf zu bleiben – stattdessen verbringt er seine Tage in den Sümpfen Floridas, parliert in bester Gesellschaft mit Einwohnern und einem niedlichen Gürteltier. Selbst als ehemalige Kollegen bei ihm aufkreuzen und ihn um Mithilfe gegen Rostov bitten, gibt er als Mann weniger Worte schnell zu verstehen, dass solche Zeiten vorbei sind. Doch Rostov sind diese Zeiten gegenwärtig wie eh und je und suchen ihn in seinen Träumen heim, in denen Hunter mit vorangestelltem Pistolenlauf flüstert: „Es ist Zeit, zu sterben.“ Deshalb hat seine ganze Mission keinen Sinn, ehe er nicht alle Kräfte mobilisiert hat, um Hunter in dessen Eigenheim zur Strecke zu bringen. In jenem Übermaß nervöser Bösartigkeit treffen sie natürlich nicht ihn, sondern die von ihm Geliebten. Nun wird es persönlich – und noch während das Feuer am Horizont qualmt, fährt er zurück aufs Festland und schreitet wortlos zur Mission voran.

Was sich nun abspielt, ist eine stetig eskalierende Folge an Sequenzen, in denen mehrere Panoramen amerikanischer Gesellschaftsherzstücke ihr Eigenleben unter Beweis stellen und in der plötzlichen Einkehr des Schreckens demoliert oder vom (mehr oder weniger) zufällig eintreffenden Matt beschützt werden – mit ebenso brachialer Waffengewalt und explosiver Finesse. Dramaturgisch gesehen werden hier simple Muster erfüllt, aber so konsequent elliptisch gebrochen, dass man eine natürliche Wechselwirkung zwischen Gut und Böse wahrnimmt, die außerhalb der direkt gezeigten Realität wirkt. Matt Hunter braucht sich dann ab einem gewissen Punkt auch überhaupt nicht mehr erklären, woher er etwas weiß und wieso er gerade etwas im richtigen Augenblick machen kann – so wie er aber auch einsehen muss, dass er nicht überall gegen seine Feinde zurückschlagen kann und noch immer genug Mitmenschen im Herzen Amerikas seinem Erzfeind Rostov zum Opfer fallen. Er stellt fest: „Auf jeden Typen, den ich abknalle, kommen hundert mehr.“

Weil sich das Böse unnachgiebig ausbreitet, hilft nur noch die direkte Konfrontation mit der steuernden Quelle Rostov. Regisseur Zito kann da wie beim gesamten Film auf seine Erfahrung als Horrorfilmregisseur zurückgreifen, die vor allem das Gefühl der Erwartung und Anspannung in den Vordergrund rückt, anstatt sich im bloßen Geballer zu verlieren. So entsteht ein professioneller Schlagabtausch der Mächte, die mit jedem Zug die Strategien des Gegenübers antizipieren müssen und ebenso von ihrer beidseitig bereitgestellten Omnipräsenz jenseits reeller Logik wissen. Joseph Zito referenziert nicht unfreiwillig seine Arbeit an der Slasher-Reihe „Freitag, der 13.“, deren vierten Teil er übernahm. So wenig Jason zu bändigen war, so unaufdringlich verfolgte ihn auch die Kamera, welche in der Beobachtung und Offenbarung des Grauens ein Gefühl der Ehrfurcht vermittelte. Hier verfährt Zito nicht anders und setzt dieselbe Inszenierungsweise im ebenbürtigen Kampf des Guten gegen das Böse um. Deshalb steckt „Invasion U.S.A“ auch voller behutsamer Beobachtungen, schwitzender Nahaufnahmen und berauschend pointierter Schusswechsel, welche mit präziser und möglichst tödlicher Selbstverständlichkeit ausgeführt werden.

Diese Wesen, ob nun Matt Hunter oder Mikhail Rostov, sind dabei keine Menschen mehr, sondern manifestierte Grundpfeiler einer moralischen Auseinandersetzung, die älter als das Kino selbst ist, aber gerade dort ihren wirksamsten audiovisuellen Antrieb findet. „Es ist Zeit, zu sterben“ wird selbstverständlich zur letzten Aussage dieses mythischen Actionfilms. Hart, aber mächtig beeindruckend.

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