Talkhon Hamzavis „Parvaneh“ stand mit neun weiteren Filmen in der Vorauswahl für eine Nominierung bei den Oscars in der Kategorie „Bester Realkurzfilm“ und wurde als einer von fünf Beiträgen nominiert.

Zunächst geht es um Geld; später darum, was Geld kaufen kann – und was nicht. Aber um Geld zu haben, muss es sich die minderjährige Afghanin Parvaneh in der Nähe des Durchgangszentrums für Asylsuchende in den Schweizer Bergen erst verdienen. Illegal, am Rockzipfel der Ausbeutung. Und obwohl sie leistet, was ihr angeschafft wird, erhält sie höchstens minderen Lohn. Sie dürfe hier ohnehin nicht arbeiten, sagt ein Landwirt, für den sie einige Hemden näht. Neben dem Bedürfnis, ihren kranken Vater aus der Ferne finanziell zu unterstützen, versucht Parvaneh in diesem unbekannten Land aber auch eine Chance zu ergreifen, die nicht mit monetären Mitteln erkauft werden kann. Dafür traut sie einer Fremden, die auf ihre Weise fremd in der Welt ist – wenn sie auch nicht in einem fremden Land lebt. Nicht einmal einen Namen muss Regisseurin und Drehbuchautorin Talkhon Hamzavi für jene Retterin finden, die sich in „Parvaneh“ als unwirscher Pseudopunk durchs Leben schnorrt. So entsteht eine Beziehung, die aus dem Rahmen einer plakativen Zweckgemeinschaft fällt, weil zwei junge Frauen die kulturelle Identität der jeweils anderen versuchen wollen zu verstehen.

Warum Parvaneh aus ihrer Heimat Afghanistan fliehen musste, bleibt dabei ebenso offen wie vieles andere in diesem 25-minütigen Kurzfilm, der bereits 2012 als Diplomarbeit an der Zürcher Hochschule der Künste entstand, seitdem durch etliche Festivals tingelte und nun nach einem Preis bei den Student Academy Awards auch für den Oscar nominiert wurde. Ein Spektakel ist „Parvaneh“; allerdings zu keiner Zeit allein aufgrund seiner späten Tour de Force – sondern weil er eine niemals sentimentale Warnung ist, der alltäglichen Borniertheit mit wachen Augen zu begegnen. Denn die gebürtige Iranerin Hamzavi zeigt, wie unauffällig Diskriminierung sein kann, wenn nur das eigene Denken im Mittelpunkt steht. Als Parvaneh feststellen muss, dass sie einen gültigen Ausweis benötigt, um ihrer Familie Geld schicken zu können, bittet sie Passanten um Hilfe. Doch keiner hört ihr wirklich zu. Einer meint, sie brauche Geld; ein anderer, sie sammle Spenden. Auch die junge Schweizerin, die lustlos auf dem Steinboden fläzt, möchte vordergründig einen Deal aushandeln. Am Ende ist der frühere Handel allerdings nichtig. Geld kann eben nicht alles kaufen.

Meinungen

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