Kawennáhere Devery Jacobs ist eine zierliche, junge Frau aus Kanada, die in Jeff Barnabys erstem Spielfilm „Rhymes For Young Ghouls“ die Hauptrolle spielt. Ihre Zierlichkeit ist von einer bestimmenden Aura umgeben, die innere Wut und ein unbezwingbarer innerer Antrieb ihrer Figur Aila macht sie zu einer Anführerin, die mit allen Mitteln um ihr Leben kämpft. Die in der Kunst wenig thematisierten Verbrechen der amerikanischen und kanadischen Regierungen gegenüber Indianern werden hier ins Licht gerückt, schonungslos und äußerst authentisch. Authentisch, da beide Filmschaffenden selbst Erfahrungen aus den Reservaten haben und zumindest der Regisseur, ein Mi’kmaq-Indianer, noch Zeuge von jenen unmenschlichen Residential Schools wurde. Diese Einrichtungen dienten knapp gesagt dazu, den Indianern ihre eigene Kultur in Isolation zu enteignen und sie durch „westliche“ Vorstellungen zu ersetzen. Bis zum 16. Lebensjahr waren die Indianer gesetzlich zu diesen Maßnahmen verpflichtet, bei denen physischer und psychischer Missbrauch an der Tagesordnung standen. Jacobs berichtete nach der Vorstellung, dass noch heute Überlebende unter Traumata leiden und dass die Schulen erst 1996 abgeschafft wurden.
Im Film selbst wird ein zweiklassiges System beschrieben: Die weißen Indianeragenten sind an der Macht, sie treiben Geld von der indigen Bevölkerung ein, die in ihren ärmlichen Reservaten ums nackte Überleben kämpfen. Gibt es kein Geld, gibt es Tote. Nach dem Tod ihres Bruders, dem Suizid ihrer Mutter und der Verhaftung ihres eigenwilligen Vaters ist Aila zusammen mit ihrem Onkel Burner (Brandon Oakes) dazu gezwungen, die einzige finanzielle Brücke zu erhalten: den Verkauf von Marihuana. Die Brutalität der Agenten wird durch den Sadisten Popper (Mark Antony Krupa) dargestellt, der mit seinen Kollegen das gesamte Reservat schon seit Generationen quält. Aila ist stark, sie wehrt sich und frei nach dem Sprichwort „Indianer kennen keinen Schmerz“ behält sie die Nerven und handelt heroisch. Regisseur Jeff Barnaby verdient Hochachtung für dieses Drama, weil er unabhängig von der Wirklichkeit des Klassensystems feinfühlig mit der Beschreibung der Indianer aus den siebziger Jahren umgeht und die Notwendigkeit einer intensiveren Auseinandersetzung mit der Thematik gelungen postuliert. Denn sowohl der Triumph über Genozid als auch dieser selbst sind wichtig und sollte präsenter sein.
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