Sam Claflin, Douglas Booth, Max Irons nebst Studienmitläufern, Allessäufern, geschniegelten Proleten – wen spielen diese Herren eigentlich? Wer ist wer? Welche Schnute passt zu welchem Anzug? Und welches selbstgerechte Feixen zu welcher blasierten Schnauze? Den Überblick beizubehalten, sowie diesen und jenen auseinanderzuhalten in Lone Scherfigs ausschweifender Orgie „The Riot Club“ ist eine Aufforderung zur Herausforderung, denn das Konformistische ihrer sich nach separaten Erkennungscharakteristiken ähnelnden Figurentableaus macht es möglich, dass wir nicht zu erkennen glauben, wer wer ist. Der malträtierte Chefwirt (Tony Way) eines Pubs – rustikal eingerichtet, rüde verwüstet – ist sich selbst nicht mehr sicher, wessen Opfer er war. Emotional hineinzufinden, vermag in dieser Form von Kino kein leichtes Unterfangen sein, das einen Scheinfimmel, eine Formalität, ein abstoßendes Befinden vermarktet und in deren Trivialität kein Leben der wichtigen Sache gedeiht. Scherfig bietet und rattert Namen herunter, eitle, prahlerische Namen, Namen voller Prestige und Angeberei jener da oben, die denen da unten mit einem keck-koketten Haifischgrinsen hinterher stieren, obwohl sie auf ein und derselben Straßenseite herausfordernd vorüberziehen. Alte Leier: Wer hat, der kann. Die alte Konsequenz: Turbodekadenz winkt den Abgrund heran. Es ist die alte Metapher: ein ehemals blütenweißes, schleichend blutbesudeltes Hemd. Wer ist schuldig? Wer nur? Wieder „wer“.
Ob sich neue Erkenntnisse aus Scherfigs Rundumschlag einer geheimbündlerischen, exzentrischen, ja in fatale Bösartigkeiten schlitternden Studentenvereinigung, die Modernvariante eines mythischen Geheimclubs, ableiten lassen? Tendenziell nein. Man meint, alles bereits vollumfänglich wahrgenommen und durchgestanden zu haben: Koks, Schnaps, Schaumwein, erschöpfende Labereien, sinnlose Blowjob-Diskussionen, sture Sieg- und Niederlagedebatten, changierend zwischen Selbstvermarktung und -enttarnung. Von der Überholspur eines regellosen Sogs. Anscheinend ist „The Riot Club“ eher daran interessiert, Geschichte in schadenfreudigen bis schwärzesten Spuk zu packen, dessen Kulmination – ein demütigendes Saus- und Brausfest über ein Gängemenü – bei jeder weiteren Eskalationsstufe an Beklopptsein (und Gemeinheit) zulegt. Diese ausgefüllte Sequenz vereinnahmt mindestens die Hälfte des gesamten Films, minutiös organisiert, mindestens exzessiv und maximal pointenreich ist sie, während die Tragödie der giftigen Blicke dahinter großen Schrittes voranschreitet – und sich das Weiß allmählich verfärbt in etwas Markerschütterndes. Die Frage, wer wen in die Pfanne gehauen hat? Unwichtig. Eh kein Durchblick. Dafür stolziert ein unbefangen aufgelegter Sam Reid durch die Kulissen, Staffage eines Intellekts. Seine homoerotische Grandezza, vermischt mit dem Trug der Weltgewandtheit, ist identitätsfördernd. Wo der Film sonst keine hat, schafft er hier einen Link zum Publikum. Wer? Na er!
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