Heiß und zischend rasen sie wie die Sonne über ihnen den Boulevard herunter, während die Kamera ihnen von hinten nur allzu begierig folgt: Skateboards und ihre jungen Fahrer machen in Gruppenformation Los Angeles unsicher. In „Thrashin’ – Krieg der Kids“ von David Winters sieht man diese Jugendkultur nun mit frischen Augen, ist der Film als Produkt der achtziger Jahre doch eine Annäherung anhand der Struktur des Sportfilms an jene Neuentdeckung, inklusive zentraler Romanze für die Zielgruppe.

Diese Kultur stellt sich durch Protagonist Cory Webster (Josh Brolin in jungen Jahren) dar; ein aufrichtiges Paradebeispiel des kontemporären Skaters, der in einem Wohnwagen haust, ikonenhafte Poster an allen Ecken kleben hat und eine große Ambition darin besitzt, das große Skater-Rennen der Stadt, das L.A. Massacre, zu gewinnen. Darauf folgen flotte Montagen seiner ersten Tageseindrücke, wie er den Frauen mit seinen Skills den Kopf verdreht, am Strand herum kurvt, wobei ihm Passanten und Hunde hinterherschauen (ein durchweg eingesetztes Motiv, aus der Perspektive Websters gedreht), bis er schließlich mit seinen Kumpanen der Ramp Locals deren ganz eigene Halfpipe abgrast – alles mit musikalischer Untermalung von Meat Loafs Titelsong bis hin zu Devos „That’s Good“.

Dieses einladende Ambiente macht nicht ohne Grund Laune für Skateboards, ist das nachfolgende Narrativ wie auch bei Hal Needhams BMX-Film aus derselben Zeit, „Rad“, naive Exploitation mit ungeniertem Product Placement. Hier wie dort wird eine reizvolle Euphorie für die Vehikel erzeugt, verbunden mit einer sportlichen Motivation, die nicht gerade ungesund ist und hier zudem von Profis (unter anderem Tony Hawk) in Nebenrollen unterstützt wird. Zusätzlich wird die Verbundenheit des US-amerikanischen Kapitalismus zum Skaten dadurch in die Handlung eingebaut, dass der freundliche Chef der Skateboard-Marke Smash Skates Webster die Sponsorschaft anbietet, wenn er das große Rennen gewinnt. Für den dramaturgischen Bogen gibt es aber noch eine gegnerische Gang in den Daggers; von außen hin eher Punk gefärbte Gesellen, die jedes noch so fiese Mittel einsetzen, um die Vorherrschaft zu gewinnen. Angeführt werden sie dabei vom berüchtigten Tommy Hook (Robert Rusler), dessen konventionellere Schwester aus Indiana, Chrissy (Pamela Gidley), gerade zu Besuch ist.

Wie der Zufall so will, verliebt sich Webster ausgerechnet in Chrissy, nachdem sie sich bei einem Konzert der damals noch eher unbekannten Red Hot Chili Peppers im örtlichen Punkkeller treffen. Es folgt das romantische Techtelmechtel im Durchstreifen des Nachtlebens, wie sich auch sonst die Teenie-Fantasien mit süßer Naivität an der Haustür verabschieden und gegenseitig Handküsschen zuwerfen, bis die Abfahrt mit dem coolen Skateboard folgt. Doch Rivale Hook lässt sich das nicht gefallen und so entwickelt sich allmählich ein „Romeo & Julia“ im Skater-Milieu, das immer mal wieder von freimütigen Musik-Montagen des Cruisens auf dem Walk of Fame unterbrochen wird, aber auch zu flotten Verfolgungsjagden führt. Irgendwann eskaliert die Situation quasi zeitgleich zum ersten unschuldigen Beischlaf zwischen Webster und Chrissy, sobald die Daggers die Halfpipe unserer Helden abfackeln und diese zum Skate-Duell mit abgespeckten Morgensternen herausfordern. Dabei wird Websters Arm gebrochen und alles scheint in die Binsen zu gehen, ebenso die Liebe zu Chrissy. Werden sich aber alle noch mal im Angesicht des L.A. Massacres zusammenreißen, um dem Genrefan seine Erfüllung zu bescheren?

Die Antwort lautet ja, schließlich gelingt Regisseur Winters die kurzweilige Romantisierung des Sports mit Freude und plakativer Energie, die jene Kultur zwar einem gängigen Narrativ unterordnet, jedoch immer noch Freiraum für ungebändigtes Zeitkolorit liefert. Allen voran Produktionsdesignerin Catherine Hardwicke (später Regisseurin von „Dogtown Boys“ und dem ersten „Twilight“) lässt sich nicht lumpen und kann neben dem kunterbunten Wust an Mode zudem den Einfluss japanischer Ikonografie einfließen lassen, die zu der Zeit einerseits in war, aber andererseits auch die Angst im Amerika der Achtziger gegenüber dem astronomischen Gewinn der Wirtschaftsmacht aus Fernost repräsentierte (siehe auch Ron Howards „Gung Ho“, ebenso von 1986).

„Thrashin’ – Krieg der Kids“ gewinnt daher am ehesten als Relikt seiner Zeit denn als zeitloser Film. Einen jungen Josh Brolin beim Skaten in scheußlichen Klamotten zu sichten, ist da neben dem Slang und der ausgelassenen Gestaltungsfront in Musikclip-Ästhetik noch ein sehenswertes Highlight. Ansonsten hat der Film lediglich ein äußerst geradliniges Prozedere anzubieten, das zumindest noch so unbeschwert und audiovisuell aufgegeilt die Konventionen abspeist, dass man seinen trivialen Spaß haben kann. Hierzulande nur einmal auf VHS erschienen, ansonsten als US-Import auf DVD zu erwerben.

Meinungen

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