Unendliche Welten, tiefe dunkle Täler. Grenzenlos erstrecken sich unbekannte Lebensräume, Planeten, unerforschte Wesen. Und der Mensch wandert in Fantasiewelten des Universums als Unbekannte eines anderen, freien Kosmos. Angst, Hoffnung, Zweifel: Das Fremde erfuhr noch keine Definition. Die Vorstellung jedoch bekam Flügel. Im Eifer des Gefechts entwickelte sich eine Form der Unterhaltung über die Ausflüchte in Lebensbereiche, welche Protagonist und Zuschauer auf eine Reise in das Etwas dort draußen schickte. Zukunft wurde Realität. Angst und Schrecken Wirklichkeit. Gefahr das Ebenbild einer entfernten Kultur. Und auf den Leinwänden flimmerte ein Trip in menschliche Sehnsüchte und gleichzeitig in absolutes Grauen. Dort stiftete eine einzige Kreatur grenzenloses Unheil. „Alien“, so schlicht seine Bezeichnung, so gewaltig seine unbändige Zerstörungswut und Jagd nach naiven Lebensformen – vor allem nach dem Menschen.
Ridley Scott traf damals, 1979, den Zahn der Zeit. Sein Alien präsentierte sich in einer organischen, noch lebendigen Hülle; es war keine Belebung makelloser Computereffekte, sondern furchterregend eingewoben in unzähligen Kabeln. Es verkörperte abgrundtiefe Dunkelheit. In den folgenden Fortsetzungen erhob sich seine Gestalt noch einen Kopf weiter zu einem unbesiegbaren Martyrium, einer Macht, die zäher als manch Gott daher kam. Der Mythos, Science-Fiction habe nach „Star Wars“ lediglich noch fliegende Untertassen in petto, zerbrach ein weiteres Mal, obwohl Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ bereits zu diesem Zeitpunkt einen Vorlauf von zehn Jahren innehatte. Der Rolle von Mensch und Maschine folgt ein weiteres Kapitel der Überlegenheit von Spezies gegenüber Spezies, während die intelligente und hilfsbereite Natur des Menschen für eine überlegene Mission ausgenutzt wird. Das Gerüst von „Alien“ bezieht seine Stellung auf einer höheren Ebene als wagemutiger Handlungsstränge. Sein den damaligen B-Movies entsprungenes Monster kreiert eine seltsame Ausdruckskraft, sowohl in seiner Bildgewalt als auch in dem immer lauernden Schrecken seiner Architektur.
Gleichzeitig offenbart sich ein Fehlverhalten der technischen und der menschlichen Geburtsstädte. Eingekesselt im Schiff Nostromo ist es der Bordcomputer „Mutter“, welcher die siebenköpfige Mannschaft lange vor Ankunft auf der Erde aus dem Tiefschlaf holt. Denn ein vermeintlicher Hilferuf eines fremden Planeten erregt „Mutters“ Aufsehen. Der Kapitän des Schiffes, Dallas, sendet darauf einen Teil seiner Crew in das Territorium, das er sofort als Lebensraum einer unbekannten Rasse identifiziert. Überrascht und eingenommen von der außergewöhnlichen Architektur des Komplexes dringt der zweite Offizier Kane in einen Raum voll ungewöhnlicher Eier ein. Bis sich eines der Eier öffnet, sein Innenleben kurzerhand in Kanes Gesicht springt, die feingliedrigen Arme um seinen Kopf zurrt und den Körper fest an seine Haut presst. Obwohl vom ranghöheren ersten Offizier Ripley (Sigourney Weaver) überstimmt, öffnet Wissenschaftler Ash die Luke zur Nostromo, um den ins Koma gefallenen Kane und sein „Mitbringsel“ zu untersuchen.
In einer Reihe dutzender Sci-Fi- und Horror-Fabrikate ebnet „Alien“ den Weg zu dieser erstmals exzellent vorgeführten Möglichkeit, filmische Grundstrukturen in anderer Form walten zu lassen. Reduziert auf ein Mindestmaß notwendiger Dialoge offeriert „Alien“ entgegen heutiger blutrünstiger Ausschmückungen eine ungewöhnlich ruhige Atmosphäre, deren Aufarbeitung in dem grenzenlosen Raum des Weltalls entgegengesetzt zur Isolation auf der Nostromo eine umso grausamere Maske aufsetzt. Gejagt von einer Kreatur aus unzähligen Kabeln, Stahlüberzügen, rasiermesserscharfem Mundwerk und wirbelndem Schwanz verbreitet das oft in der Dunkelheit der Luftschächte verbleibende Alien ein weitaus greifbareres Gefühl des Grauens und alptraumhafter Erlebnisse, als es menschlichen Fantasien jemals entlockt werden konnte.
Derek Vanlints Bilder sind da kaum noch als diese zu bezeichnen, weil sie keine effektlosen oder leblosen Gegenstände mehr darstellen. Sie leben in der Illusion einer anfänglich ruhigen und freundschaftlichen Tischrunde, in paffenden Zigaretten, Unterhaltungen über Sonderzulagen. Im All sind diese Männer und Frauen keine besonderen Individuen oder Helden; nur Menschen auf Exkursion, die ungewollt in eine aussichtslose Situation geraten. Der Rhythmus wandelt sich schließlich schlagartig. In jeder noch so kleinen Ecke könnte das Alien weilen, den herumirrenden Crewmitgliedern auflauern, sich die Einsamkeit und Neugierde jener zunutze machen. Jäger und Gejagter fallen übereinander her; sie wechseln ihre Rollen, sie tauschen die Plätze. Obwohl in seiner Ausdruckskraft überlegen, kann der Mensch seine körperliche Limitierung, seine Gefühle, die besser reservierter Kälte gewichen wären, nicht ausmerzen. Das Tier ist schlauer, wendiger und ohne falsche Emotionalität.
Mit den charmanten und oftmals wortkargen Protagonisten gewinnt „Alien“ weiters eine Facette, die kaum eine Wiederholung im Horrorgenre erfahren hat. Ihre Sprache ist einfach, die Sätze kurz und bündig. Ihre Mission führt sie vorbei an esoterischen Fetzen – Poesie ist in diesen Welten fehl am Platz. In einem der bedeutendsten Werke der Filmgeschichte pulverisiert eine beängstigende Atmosphäre unaufhaltsamer Bedrohung seine Protagonisten, die dem Klammergriff der außerirdischen Lebensform genauso wenig entrinnen können wie der in seiner Haut gefangene Zuschauer. Auf der Suche nach dem herum tollenden Alien stößt Ridley Scott damit bravourös an die Grundfeste des Genres und aller nachfolgenden Science-Fiction, die nachhaltig mit der Intelligenz von „Alien“ gesegnet wurde.
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