Obwohl „Baskin“ (zu Deutsch: Razzia) für den jungen Can Evrenol ein Regiedebüt darstellt, scheint sich der gebürtige Türke mit vielfach ausgezeichneten Horror-Kurzfilmen im Gepäck nichtsdestotrotz in jenem Genre bereits heimisch zu fühlen, das in der Türkei als absolute Randerscheinung gilt und wenn, dann technisch wie inhaltlich nie ein konkurrenzfähiges Niveau erreichte. Grund genug also, dem Film auf den Grund zu gehen, verspricht doch der offizielle Trailer wenigstens hochklassige Bilder. Und er sollte sein Versprechen einlösen. „Baskin“ wirkt in der Tat wie eine teurere Produktion, als sie eigentlich ist.

Der rastende Trupp aus fünf Polizisten scheint schon zu Beginn in einer ländlichen Gaststätte nicht sonderlich sympathisch. Sie wetten, sie fluchen, sind aggressiv und tauschen zutiefst verdorbene Geschichten aus. Auf dem Weg zu ihrem Einsatz treffen sie bereits auf unheilvolle Boten (Frösche, Hinterwäldler), bevor das Grauen im Keller eines abgelegenen Gebäudes beginnt. Evrenol lässt die Hüter des Gesetzes als Stellvertreter einer aufs Innerste von Sünde und Lasterhaftigkeit infizierten Gesellschaft die Hölle kennenlernen, die sie schon ihr Leben lang in sich tragen. Auch wenn es in „Baskin“ keine ruchlosen Teenager sind, die für ihre Taten bestraft werden, so ist dennoch ein moralisierender Tenor auch hier nicht von der Hand zu weisen. Die teuflischen Kellergeschöpfe sind letztlich nicht mehr als eine Überhöhung des nun animalisch konnotierten Menschen, die ihre Gefangenen vor die simple Entscheidung stellen, sich ihnen anzuschließen oder zu sterben. Ob der Tod jedoch in „Baskin“ in seiner überlieferten Form tatsächlich existiert, ist anzuzweifeln.

Der Film taucht immer wieder ab in andere Wahrnehmungs- und Realitätsebenen einer schleichend etablierten Coming-of-Age-Story des Protagonisten Arda, sodass man sich, und das raubt dem veranschaulichten Horror seine Kraft, lange Zeit nicht recht sicher sein kann, ob die Gore– und Splatter-Szenen auf der Ebene filmischer Realität stattfinden oder nicht, sprich: ob letztlich nicht doch alles ein böser, böser Traum war. Zweifellos bedient sich Evrenol ausgeprägten Mindfuck-Zutaten und jongliert mit Metaphern und Symbolen – wirklich ernst zu nehmen ist das aber nicht. Dafür ist der Film zu forsch, zu jugendlich, zu naiv und schlägt mit seinem Zeitschleifen-Schlusspunkt in eine ganz diffuse Kerbe, die allenfalls Teenagerhöschen feucht werden lässt. Oder wie Großmutter schon sagte: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Meinungen

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