Was für ein Mann: Holger ist blond, groß, lächelt charmant in die Kamera, fängt an, in die Saiten seiner Gitarre zu hauen und trällert noch dazu wie eine Nachtigall. Holger spielt eine unbedeutete Rolle in „Bibi & Tina – Der Film“. Aber immerhin sieht er bombe aus und singt den Titelsong. Die Adaption der Kinderhörspiele durch Detlev Buck ist jedoch ohnehin ein ganz eigenwilliges Ding, weil sie sich an eine ältere Zielgruppe richtet und mehr Teenie-Musical als reiner Kinderfilm ist. Darunter sogar Witze, die Kinder niemals verstehen konnten und eindeutig ein erwachsenes Publikum integrierten. Ein seltsamer Mix. Und immens erfolgreich; lockte er doch mehr als eine Million Zuschauer in die deutschen Kinos.

Diesen Dezember – kein Jahr ist vergangen – steht der zweite Teil „Bibi & Tina – Voll verhext“ in den Startlöchern und wartet darauf, an den Erfolg des ersten anzuknüpfen. Und abermals engagierte man Buck als Regisseur, der sich zusammen mit Bettina Börgerding auch für das Drehbuch verantwortlich zeigt. Herausgekommen ist genau das, was den ersten Teil so sehenswert machte: ein wildes, buntes, verrücktes und charmantes Abenteuer, welches einfach Freude bereitet. Böse Zungen behaupten wahrscheinlich wieder, diese Verfilmung sei eine ekelhafte pädophile Fantasie in Form eines Kinderfilms – aber jene Menschen waren wahrscheinlich nie wirklich auf einem Reiterhof und wissen somit nicht, dass dort im Sommer nun einmal Reiterhosen und Shirts getragen werden, die selten wie ein alter Kartoffelsack am Körper sitzen.

„Voll verhext“ beginnt unverzüglich mit demselben Eröffnungslied wie schon der erste Teil. Aber konnte das Kreativteam um Ex-Rosenstolz-Mitglied Peter Plate in so kurzer Zeit einen ähnlich schwungvollen Soundtrack im Stile des Vorgängers kreieren? Die Antwort ist uneindeutig. Der Film bietet zwar wieder ein bis zwei äußerst gelungene Lieder, doch ähnlich famos wie jene des ersten Teils sind sie nicht. Allerdings sorgt wiederum ein Song von Tinas Mutter (Winnie Böwe) für größte Konfusion: Holterdiepolter singt sie da plötzlich mit einigen Kindern ein Lied übers Kuchenbacken. Einfach so, aus dem Nichts. Nach einer Minute ist der Spaß (leider) auch schon wieder vorbei – aber die Fassungslosigkeit bleibt. Ähnlich bizarr ist der Moment, als Bibi und Tina singend durch die Stadt reiten, um Werbung für den Martinshof zu machen. Diese bunte Welt passt in keinen normalen Film. Da trifft es sich vorzüglich, dass „Voll verhext“ nicht normal ist. Die farbenfrohe Wundertüte macht, was sie will. Und dann wird eben mal ein Lied übers Kuchenbacken gesungen. Bringt den Film nicht ein Stück voran. Aber schlimm ist das wirklich nicht.

Irgendwie ist es auch vollkommen egal, was „Voll verhext“ dem Zuschauer in Sachen Geschichte vorsetzt. Es geht um Freundschaft, Liebe, Angst vor Verlust. Dabei gibt es für die Mädels und ihre Freunde ein Verbrechen aufzuklären (in Schloss Falkenstein wurde eingebrochen) und es wird ihr ganzer Mut und Bibis gesamte Zauberkraft benötigt, um dieses Abenteuer zu bestehen. Schließlich beschließt der Film sogar kurz das Thema Zeitreisen aufzugreifen; einfach so, weil er es kann. Der Zuschauer wurde bis dahin eh mit so vielen Unmöglichkeiten bombardiert, dass er auch dies nickend hinnimmt. Vielleicht liegt es auch an den hinreißenden Darstellern. Lina Larissa Strahl als Bibi und Lisa-Marie Koroll als Tina machen ihre Sache einfach gut und vor allem der Hamburger Jung Olli Schulz spielt in seiner ersten Kinorolle einen fantastischen Bösewicht. Die Sprüche, die der Bursche im norddeutschen Schnack ablässt, sind teilweise großartig und sorgen für viele Lacher.

„Bibi & Tina – Voll verhext“ wird Kinder, die den ersten Teil mochten, ebenfalls begeistern. Aber auch Erwachsene, welche sich ein Ticket kaufen, werden dies wahrscheinlich nicht bereuen, da der Film zu viele ulkige Momente besitzt, um leicht als Kinderfilm abgewatscht zu werden. Beide aber werden den Kinosaal wahrscheinlich leicht irritiert verlassen und sich fragen, was da eigentlich die letzten 100 Minuten passiert ist. Letztendlich auch egal. Hauptsache Sommer, Sonnenschein, Reiterhosen und Hex-hex.

Meinungen

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Bisherige Meinungen

Stefanie
1. Dezember 2014
13:35 Uhr

Banana? Banana!

Kessi Kalkbrenner
21. Dezember 2014
19:12 Uhr

Schade, daß Fabian Buch (Hello Hello – Merry Merry Christmas) in diesem Film grade mal nur 2 Lieder singen „durfte“. Und schade auch, daß man seine Rolle, als großer Bruder und Reitlehrer nicht ausgebaut hat. Denn musikalisch und auch darstellerisch ist Fabian Buch absolut eine Bereicherung, eigentlich für fast jeden Film :)

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