Von Zeit zu Zeit hat man eine kunterbunte Kur für die Augen nötig. Dafür braucht man gar nicht so weit schauen, bietet das Genre des Kinderfilms mit seiner Unbeschwertheit und Fröhlichkeit doch genau das richtige Ventil. Selten wird man dabei aber so willig in eine Ausgelassenheit eingeführt, die einem rundherum den Kopf verdreht und die Lachmuskeln ins glückselige Nirwana treibt. Ein prägnantes Beispiel dafür aus jüngster Zeit stellt die „Bibi & Tina“-Reihe von Detlev Buck dar. Von außen hin als Verfilmung der beliebten Hex-Hex- und Reiterhof-Hörspiele für junge Mädchen verkauft, verbirgt sich dahinter ein Knallbonbon naiver Fantasien übers Landleben, drolliger Romanzen und absurder Situationskomik, welche man am ehesten noch mit den Schlagerklamotten der sechziger Jahre vom Schlage Hans Billians vergleichen kann. Am meisten fällt die Ähnlichkeit im Einsatz von Liedern auf, die sich ihr Dasein nicht erst durch eine weit hergeholte Konstruktion erarbeiten müssen, sondern einfach so passieren; mehr oder weniger Gefühle und Stimmungen ausdrücken oder auch für nachfolgende Szenen etablieren.

Die Songs bringen ihre ungenierten Einfältigkeiten im Text derartig frohlockend ins Ohr und werden zudem entsprechend freiläufig im Stile von Musikclips visualisiert, dass man dem puren Spaß erliegt. Passenderweise bildet die Handlung auch keinen allzu komplexen Rahmen: Bibi Blocksberg (Lina Larissa Strahl) und Tina Martin (Lisa-Marie Koroll) verbringen ihre sommerliche Jugend auf dem Reiterhof von Tinas Mutter (Winnie Böwe) und Bruder Holger (Fabian Buch, der mit bloßer Präsenz zum Highlight aufsteigt). Bibi kann hexen, was ebenso als Selbstverständlichkeit hingenommen wird wie alle anderen im Vornherein feststehenden Verhältnisse zwischen den Charakteren sowie die zahlreichen surrealen Begebenheiten in diesem Film. Vielleicht hilft es da, sich mit der Vorlage vertraut zu machen. Muss man aber nicht – der Charme des Films liegt in seiner Unberechenbarkeit, mit der er sich dem kindlichen Gemüt des Zuschauers anpasst und überrascht. Wie da zum Beispiel die Einführung des Bösewichts Hans Kakmann (Charly Hübner) vollzogen wird, sollte man an dieser Stelle also lieber nicht im Detail verraten.

Viel mehr kann man den Honk-Faktor des verballhornten Adels versprechen, den Graf Falko von Falkenstein (Michael Maertens) verkörpert. Der Großteil des Narrativs dreht sich nämlich um die Begebenheiten auf dessen Anwesen: Sophia von Gelenberg (Ruby O. Fee) kommt zu Besuch und verdreht dem Filius des Grafen, Alex (Louis Held), ganz schön intrigant den Kopf, obwohl er mit Tina zusammen ist. Kakmann schleimt sich derweil in die Gesellschaft ein, um das von Bibi und Tina geliebte Fohlen Socke abzukaufen, das er jedoch wie seinen gesamten Pferdebestand dopen will. Und wenn das nicht alles schon genug Aufregung wäre, muss der Graf auch noch ein internationales Pferderennen auf seinem Hof organisieren! An Entspannung mag der Herr da gar nicht denken – ganz anders als Bibi und Tina, die von all diesen Sorgen und Problemen abdriften wollen und gerne auch mal ein Lied darüber singen können (manchmal sogar ihren eigenen Titelsong), ehe sie sich in das Abenteuer zur Rettung Sockes und Tinas Beziehung zu Alex hineinstürzen.

In jener neugierigen Aufbruchstimmung versucht vor allem Bibi nicht nur allerlei Konflikte mit mehr oder weniger pfiffigen Kommentaren zu banalisieren („Diese Sophia kann manchmal echt ganz schön nerven.“), sondern auch mit ihren Zauberkräften zu punkten. Manchmal geht das allerdings schief; ihre Freundschaft sowie das Vertrauen der Anderen wird auf die Probe gestellt, doch am Ende des Tages gelingt immer noch die süße Versöhnung. Natürlich ist das eine einfache Methodik, die Buck dabei anwendet; daraus leitet er jedoch eine ehrliche Lockerheit und Spaßigkeit ab, die sich ihrer selbst bewusst sind und auch mal Abwegigkeiten im Prozedere der Gestaltung erlauben. So erschafft Buck schon aus freimütigen Kameraeinstellungen und Schnitten eine Pointenvielfalt, mit der das Gros deutscher Komödienunterhaltung nicht mal ansatzweise mithalten kann – auch weil er nicht auf die gängige Konstruktion von Gags und Dialogen setzt.

Stattdessen regiert die Unbedarftheit und das omnipräsente Gefühl glückseliger Sehnsucht. Das ist bewusst fern von der Realität und demnach ekstatischer Eskapismus zwischen Komödie und Musical, der schlussendlich in einem kathartischen Rennen um jene oben genannte Werte gipfelt. Etwas konsequenter im sommerlichen Schwelgen ist da noch der Nachfolger, „Bibi & Tina – Voll Verhext“; dagegen ist dieser Teil vergleichsweise kohärent, aber gleichsam sympathisch. So oder so vollends empfehlenswert für die Kleinen und Junggebliebenen, wobei Letztere vor allem die Spontanität der technischen Umsetzung lieben lernen werden.

Meinungen

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