Bei „Plötzlich Gigolo“ handelt es sich um die x-te, sich im Kreis drehende, urbanromantische Culture-Clash-Komödienklamotte. Aber was will sie uns sagen? Nahrhaft kann sie nicht sein, sofern ein Vergleich zwischen einer x-ten, sich im Kreis drehenden, urbanromantischen Culture-Clash-Komödienklamotte und Espresso schlürfen herangezogen wird. Ein Greifen der Tasse, ein Hieb, ein Schluck, Flüssigkeit aufgebraucht, kurzzeitig später das Vergessen. Geschmack? Will uns John Turturro absichtlich den Geschmack vorenthalten? Oder gibt er uns ein Restfünkchen Hoffnung zurück, dass die Liebe unter prekären religiösen Voraussetzungen dennoch unabdingbar den Himmel verschönert? Selbst wenn: Was ist daran nicht abgenutzt? Und überhaupt: Wen genau interessiert das? So ist „Plötzlich Gigolo“ löchriger Beziehungskäse, fixiert in orangewarm-sterilisierten (Color-Grading-)Farbspektren, vorbeirutschend am Rande mürbe machender Banalität, wenn darüber debattiert wird, inwiefern Fisch nach jüdischer Tradition gegessen wird und dass Faschismus eigentlich im harmlosen Alltagssport beginnt: Grüppchenbildung, Schwarz gegen Weiß, beim heimischen Baseball.

Die entzückende Serie „Hung“ hat es vorgemacht, wie schräger als schräg und gleichfalls subversiv dieser testende Teilzeitgigolo funktioniert, der, um sich in Zeiten wankender Marktregulierung, ein befriedigungskompetentes Hobby sucht, das pro Schuss – und nicht zu knapp – ein von Hand zu Hand flatterndes Trinkgeld provoziert. Aber Turturros zahmes, jazzig einlullendes, bierernstes Tamtam, das sich anfühlt wie ein formverwandter Woody-Allen-Prologfilm zum Woody-Allen-Hauptfilm? Ohne Woody Allen selber womöglich gar nicht lustig, giftig, gallig. Denn der quirlige Versteher auskomplizierter Anekdoten wird nie seine kindgerechte Strebsamkeit verlieren (schon gar nicht vor einem jüdischen Gericht). Ihn unterstützen ein melancholisch abwesender John Turturro (auch beim Sex) und ein Liev Schreiber als eifersüchtiger Bulle von nebenan, der, konträr zu Allen, seine aus der Zeit gefallene Körperlichkeit spöttisch ausspielt. Sharon Stone hingegen, der Alterungsprozess nagt unfein an ihr, versucht sich indes noch einmal am Beinüberschlag. Ertragbar lustvoll mit Höschen (?), aber gar nicht mehr erotisch. „Plötzlich Gigolo“ verlangt offenkundig nach einem viel stärkeren Espresso in einer viel größeren Tasse.

Meinungen

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