Der eine schneidet sich die Pulsadern auf, die andere will es mit Tabletten versuchen: Das Leben in der Parallelwelt des amerikanischen Independentfilms muss schon ziemlich traurig sein – selbst für Hipster und andere generische Konsorten. Dann sind hier aber der eine und die andere – namentlich Milo und Maggie – auch noch Zwillinge und probieren zufällig einen Simultanselbstmord, obwohl sich beide zuletzt vor zehn Jahren gesehen haben. Eine weitere von Woody Allens Séancen? Schon wieder „Magic in the Moonlight“? Mitnichten. Dafür sprechen die Protagonisten in Craig Johnsons „The Skeleton Twins“ zu wenig durch-, doch zu viel konstruktiv miteinander, schwelgen zu selten in Worthülsen und nehmen es mit den eigenen Problemen ernst genug, dass sie den Tod statt des hörspielartigen Lebens vorziehen. Auch Wasser gibt es zuhauf: zum Ertrinken, zum Tauchen, für Goldfische und weitere Selbstmordversuche. Immerhin spielen Bill Hader und Kristen Wiig das sehnsüchtige Himmelfahrtskommando scheinbar direkt ohne Sketche aus der Saturday Night Live. Deswegen darf auch mal getanzt werden.
Allein jene Sequenz, als Milo den Ton der Musikanlage hochfährt, Starships „Nothing’s Gonna Stop Us Now“ lippensynchron choreografiert und Maggie zwangsweise irgendwann einsteigen muss: Das ist pures Gold für einen Film, der sein Thema ansonsten verdrießlich meint und entsprechend in trüben Herbstfarben ausschmückt. Kein Wunder, bei aller jahreszeitlichen Depression. Dafür modulieren Hader und Wiig die zwischenmenschliche Chemie ihres Geschwisterpaares mit unzähmbarer Ehrlichkeit und schwarzer Komödie, welche gleichzeitig verzückt und verstört, weil sie Hoffnungslosigkeit für eine vielleicht glücklichere Zukunft fördert. „The Skeleton Twins“ funktioniert da vielmehr als Begegnung zweier Menschen, deren Leben von Anfang an miteinander verbunden sind und die lernen müssen, dass sie sich zu ähnlich sind, um wirklich lange voneinander getrennt oder zusammen zu leben. Eine angenehme Lehre im Strudel der aufgeblasenen, irrelevanten Coming-of-Age-Plattitüden. Und wie vieles an Craig Johnsons Zweitling herzlich wenig großkotzig, bedeutungsschwanger, lebensfern. Aber eben auch eher nur nett. Ein freundlicher Begleiter in einer dunklen Nacht.
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