Der Titel von Wolfgang Glücks „Denn das Weib ist schwach“ mag eine misogyne Note vermitteln – in Wahrheit sind hier jedoch alle schwach. Es fängt schon mit dem Rechtsanwalt Jolly Gebhardt (Helmut Schmid) an, der sich im Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg einen Haufen Schulden auflädt. Die effektivste Option, die ihm bleibt, ist der Zugang zum Konto von Hanna Schäferkamp (Sonja Ziemann). Damit beauftragt, die Nachlassverwaltung vom millionenschweren Erbe ihres kanadischen Onkels durchzuführen, heckt Gebhardt mit seiner verführerischen Kollegin und Geliebten Lissy Schneider (Kai Fischer) einen Plan aus, wie er das Herz der in Tempelhof lebenden Frau erobern und das Geld einsacken kann. Leichter gesagt, als getan.
Auf allen Seiten durchstreifen gebrochene Menschen die Nacht. Sie suchen entlang eingezäunter Hecken zueinander – nicht immer aus noblen Motiven. Das Tempo des Films vergeht ebenso in Ermattung und findet im Blues und Jazz seine emotionale Entsprechung, statt sich zum Mitleids-Epos zu erheben. Vom Wirtschaftswunder will man nichts wissen, der Drang nach Glück und Sicherheit bestimmt weiterhin das Leben. Gebhardt hat den Moloch am Hals, wie ihm auch schon vorher keine Empathie gelehrt wurde. Das einzige Ventil, das er dafür kennt, ist die Trompete; als einzige Flucht den Sex. Umso bezeichnender dann auch sein Zurückhalten der Nachricht vom Millionenerbe: An Hanna, der von ihrem Glück nichts ahnenden Fabrikarbeiterin, findet er ein Stück Menschlichkeit zurück, das ihn vielleicht nicht gerade läutert, doch in eine Form von Verantwortung führt.
Sein Handeln zur Liebe bleibt jedoch egoistisch wie auch naiv. Er ist eben schwach. Doch wenn drumherum bloß der Beton die Richtung vorgibt, der Nihilismus der Nacht in den Straßen lauert und die Kinder nur im Schrott spielen können, ist ein Wink der Romantik vielleicht das höchste Gut überhaupt – davon profitieren sowohl Gebhardt als auch Hanna, obwohl sich alles auf einer Lüge gründet. Wie viel Wert Vertrauen nach Auschwitz und Hiroshima überhaupt noch hat, darauf hat eh keiner eine genaue Antwort parat. Wahrscheinlich fährt man deshalb so langsam in die Pläne einer ungewissen Zukunft hinein. Wenn man sich verplappert, geschieht unfreiwilliger Verrat und nichts kann das Unglück aufhalten. Ohnehin wirken die einzigen Intrigen als bloße Aufdeckungen der Wahrheit.
„Denn das Weib ist schwach“ ist ein BRD-Noir, bei dem selbst der Glanz und die Sonne überstrahlen, die Seelen aber nicht aufhellen können; wo parallel weitergearbeitet und Schrott zerlegt wird, während man mittendrin um Leichen trauert. Hier ist auch Melodramatik fehl am Platz, so wie die Straßenbahnen gleichgültig am Backstein vorbei ziehen und keiner die Straßen überqueren kann. Da wird selbst die letztendliche Hoffnung nicht kleinlaut; Kirchenglocken vermischen sich zu einem dämmerigen Dröhnen. Leben und Sterben in West-Berlin – so ist nun mal der Lauf der Dinge. Da darf sich alles gewisse Schwächen eingestehen.
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