Wutbürger Jeremy Saulnier schlägt zum Dritten aus – und wieder reißen Arterien auf und Bäuche ein, es gehen Pitbulls um und Neonazis im Kreis. In einen „Green Room“ entführt er uns, doch die Warterei ist ihm zuwider. Davor moshen nämlich wütende Doc-Martens-Träger, die unangenehmsten mit roten Schnürsenkeln, sie poltern, grölen und saufen, in dieser Kloake des Siffs und der Blutlust. Dass dort irgendwie, irgendwann auch einmal für die bösen, glatzköpfigen Rechtsextremen der Spaß vorbei sein muss, ist für Saulnier Grund genug, ein Ritual der Machtdemonstration zu initiieren, das mit bestialischen Kläffern auf arme, naive Punks stürzt. In einer Hinterhofkaschemme sollen sie bluten, die Ain’t Rights, weil sie erst „Nazi Punks Fuck Off“ covern und später über Zufälle die Leiche eines Mädchens finden, dem – bad luck – ihr hübscher Schädel eingeschlagen wurde. Der „Green Room“ wird für das Quartett um Bassist Pat (Anton Yelchin) zur Location of Death und anarchischen Spelunke, der sie einzig über zerfetzte Körper und baumelnde Gliedmaßen entkommen können.
Ein angenehm asoziales cineastisches Gitarrenriff folgt – und ein unangenehm zärtlicher Film, der mit Entzückung fürchten lässt, dass jederzeit ein Hirn platzen und über den Bartresen feuern könnte. Dafür muss jedoch ein uriges Kasperltheater statt einer energischen Figurenzeichnung her; nicht der Mensch primär interessiert, sondern Zeit und Aggression – respektive die Be- und Entgrenzung beider Komponenten. Das Faszinosum Punk überführt Saulnier entsprechend in eine marode Zwischenwelt, die sich durch kurzatmige Dialoge beißt, nie aber Genrekonventionen sprengt. Vielmehr erweitert „Green Room“ das Repertoire seines Regisseurs, indem er narrativ und stilistisch bekannte Mechanismen (darunter auch jene aus „Blue Ruin“) in einem neunzigminütigen Würgegriff bündelt und mit Teppichmesser und Co. aus der kleinkalibrierten Enge seines Kammerspiels ausbricht. Das Ergebnis ist so resolut wie dünnhäutig; eine weitere Fabel über die kleinen, spröden Langweiler dieser Welt, die mit einer Flinte in der Hand selbst Patrick Stewart im Bad-Ass-Mode niedermähen. Hut ab, Jeremy, Humanismus ist nicht deins! Aber Humanismus ist nicht alles. In diesem Sinne: You only live once.
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