Eisige Kälte und das bedrückende Gefühl trostloser Leere liegen bleischwer auf dem Niemandsland der isländischen Provinz. Wie hart muss es sein, ausgerechnet hier einen anderen Weg zu gehen als ein Umfeld, das sich sonst lieber mit Rinderzucht und Feldbestellung beschäftigt. Hera (Thora Bjorg Helga) ist so eine Außenseiterin. Mit ihrer Liebe zur nietenbepackten Hard-Rock- und Heavy-Metal-Fraktion steht sie im krassen Kontrast zum verschlafenen Völkchen ihres Heimatdorfs. Hinter dem ledernen Aufzug und den Metal-T-Shirts, den Teufelshörnern und laut dröhnender Musik steckt jedoch nicht allein die Lust auf Anarchie. „Metalhead“ klingt vielleicht nach einer launigen Coming-of-Age-Geschichte. Nach dem Aufeinanderprallen einer Rebellin und einer Welt, die viel zu klein und versteift scheint. Darunter verbirgt Ragnar Bragason jedoch das Porträt von Menschen in Schockstarre.
Nach dem tragischen Unfalltod ihres großen Bruders stürzte sich Hera in jungen Jahren auf dessen Klamotten und Plattensammlung. Ihre provokative Haltung und ein Hang zu teils ruhestörerischem Zeitvertreib überdecken die tiefen Risse in Heras Seele. Feinfühlig und behutsam nähert sich der Film seiner hin- und hergerissenen Heldin an. Zeigt vor allem, wie Hera mit ihren Eltern zusammen und doch aneinander vorbei lebt. Auch sie haben den Verlust ebenso nicht verarbeiten können. Es ist vor allem das Gespür für die kleinen Gesten, das unausgesprochene Leid, mit dem „Metalhead“ es schafft, direkt ins Gefühlszentrum des Zuschauers vorzudringen. Abseits jeder Tränendrüseattacke und stark überemotionalisierter Rührseligkeit verfolgt Regisseur Bragason ein leises und zurückhaltendes Tempo. Bei dem aber auch genug Platz für eine wohlgesetzte Dosis Humor und die immer wieder erklingenden Songklassiker von Judas Priest, Megadeth und Kollegen ist.
Am Ende steht ein überraschender Film, für den das Prädikat Drama fast zu schade scheint. Denn neben Sinnsuche und Selbstfindung ist es vor allem das Schicksal glaubwürdiger Figuren, von dem hier berichtet wird. Abseits der realitätsfernen, öffentlich-rechtlichen Heile-Welt-Schmonzette und der süßlich klebrigen Bilderwelten des deutschen Heimatfilms, bietet „Metalhead“ eine warmherzige Geschichte, die oft lauter flüstert, als sie schreit. Eine Erinnerung daran, dass selbst hinter einer grauenerregenden Fassade ein menschliches Wesen steckt, das Trost und Perspektive sucht
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