Fangen wir mal mit einem kleinen Spoiler an, der im Rahmen eines solch profitablen Franchise vielleicht nicht so brutal überraschend wiegt: Der Film beginnt und endet mit den Augen des Hauptprimaten Caesar (Andy Serkis) in Nahaufnahme – eine der einschlägigsten Poesien, die sich „Planet der Affen – Revolution“ erlaubt, zudem verbunden mit dem symbolischen Wandel des Wetters hinsichtlich des Konfliktes zwischen Affe und Mensch, da der Film im diffusen Regen anfängt, sich zur eskalierenden Mitte hin in die moralische Finsternis der Nacht begibt und zum Schluss im entscheidenden Schlagabtausch der Ideologien einen neuen Sonnenaufgang beschwört. Dass da unmissverständlich ein Krieg zwischen den Völkern in Gang gesetzt wird, ist unvermeidlich, aber eine stark erwartete Sache, schließlich befindet man sich in einem Prequel zu einer Kinoreihe, die schon in sechziger Jahren ihren Anfang nahm.
Das kann man auch dem Vorgänger „Planet der Affen – Prevolution“ vorwerfen, aber es ändert nichts daran, dass hier keine weitere Entwicklung vom Altbekannten vollzogen, höchstens optimiert wird. Das Konfliktpotenzial bleibt schlicht dasselbe, aber das soll nicht unbedingt heißen, dass es nicht funktioniert. Stattdessen baut Regisseur Matt Reeves in seiner Darstellung konzentrierter Affen-Kolonien nebst im Dickicht von San Franciscos Ruinen übrig gebliebenen, letzten Menschen-Kolonien ein ganz behutsames und elegantes Sozialdrama auf, das sich zwar auf einem simplistisch ausgearbeiteten Gedanken gründet (Können wir nicht alle einfach miteinander auskommen?), aber für derartige Genre-Verhältnisse angenehm zurückgenommen wirkt. Ob es einen wirklich zu begeistern mag, sei mal dahingestellt: Auf jeden Fall hätte es auch weit dümmer kommen können.
Reeves nimmt sich ordentlich Zeit, die inneren Strukturen jener zweigeteilten Gesellschaften in angespannter Furcht zueinander weitgehend pointiert darzustellen und auch zu parallelisieren. Auf beiden Seiten gibt es: verantwortungsbewusste Väter, deren Söhne im Zweifel um ihren Platz in dieser neuen Welt hadern (wobei nur einer eine wirkliche Entwicklung der moralischen Bewährung durchmacht) und Idealistisch-Fehlgeleitete (Gary Oldmans Dreyfus und Toby Kebbells Koba). Im apokalyptischen Modus fühlt man sich natürlich höchst miserabel, die ekstatischsten Gefühlsausbrüche beschränken sich auf Wut – da brennt stets die Luft. Doch es wird sich anhand des vorsichtigen Vermittlers Malcolm (Jason Clarke) um Versöhnung und Harmonie, ein gemeinsames, gleichgestelltes Zusammenleben, bemüht. Das könnte sogar gelingen, wenn da nicht auf beiden Seiten diese alteingesessen Vorurteile herrschen würden, die das Aneinanderreiben der so unterschiedlichen Stämme verstärken und schließlich auch zur konspirativen Eskalation führen.
Dabei hat jeder Charakter seine angemessene, nachvollziehbare Motivation, niemand ist ein Missing Link, fällt inhaltlich oder formal aus dem Rahmen (das bleibt Michael Giacchinos Score überlassen, der sphärische New-Age-Rührseligkeiten, sowie – nach „Godzilla“ dieses Jahr wieder mal – Györgi Ligetis in diesem Kontext sehr bezeichnende 2001-Chöre mit den urigen, plakativ-verrückten Xylophonen des Originals vermengt). Doch viele Figuren bleiben in ihrer Funktion höchst oberflächlich, wenn auch entscheidend für die Vorantreibung des sehr geradlinigen Plots. Das trifft vor allem auf die unterbesetzte Homo-Sapiens-Einheit zu, die schon allein im Schatten der CGI-Motion-Capture-Wunder des eklektischen Affen-Casts steht und sich generell unterordnen muss, jedoch gleichzeitig auch so glatt agiert, dass man sich nur anhand von Stichworten an die Vergangenheit des Menschseins mit ihr identifizieren kann: Unsere menschlichen Helden wollen Strom wiedererlangen und spüren Freude, wenn sie nach langer Zeit dadurch wieder Musik hören oder sind besonders ergriffen, wenn das Tablet wieder aufgeladen und alte Fotos angesehen werden können.
Im Film basiert unsere Menschlichkeit und Nostalgie auf dem Grundbedürfnis der Elektrizität, was nicht wirklich fern von der aktuellen Realität ist, aber umso mehr mit den archaischen und emotional wahrhaftigeren Affen sympathisieren lässt. Allen voran Koba, der kämpferische Untergebene Caesars, hat am gesamten Körper erkennbar die meisten Schmerzen abbekommen und daher verständlicher Weise extreme Vorbehalte gegenüber der humanen Spezies. Er zettelt dann auch den erzwungenen Umsturz im potenziellen Zusammenleben an und entfesselt damit die intensivere, zweite Hälfte des Films – einen brachialen Krieg der Fronten, der zwar explosive Spannung bietet, aber nicht mal ansatzweise exzessiv ausgeschlachtet wird, da bleibt Regisseur Reeves wiederum ganz ökonomisch. Dennoch lassen sich aus dieser Eskalation einige intensive Szenarien und befriedigende Emotionen erbeuten und ziehen insbesondere im moralischen Zwiespalt den meisten Nutzen – was zudem in einem effektiv aufregenden Finale mündet, das die verschiedenen Seiten entscheiden lässt, für welches rechtschaffenere Schicksal sie sich entscheiden mögen. Man darf soviel verraten: der Friede zwischen den Kulturen erhält mehr Gewicht als die gegenseitige Zerstörung dieser.
Das ist eben auch von Anfang an klar und bescheinigt dem daraus resultierenden Film gelungene, kurzweilige Konzentration in seinem eigenen Standard. Aber reicht das, um eine wirklich spezielle Filmerfahrung herzustellen, erst recht, wenn dasselbe dramaturgische Argument in derselben Serie schon ein paar Mal bewandert wurde, hier nochmals souverän und inszenatorisch wertschätzend, aber vereinfacht prozediert wird? Da bleiben einige Zweifel übrig, wie auch die Erkenntnis, dass letzten Endes nur wenig neues Material, eher technische Versiertheit bewegt wurde. Immerhin bleibt der Film dabei größtenteils unaufgeregt und unaufdringlich, bevor er in irgendeiner Form noch besonders hart herausstechen würde. Doch unter Umständen hätte ihm gerade das einen höheren Interessenschub der Einmaligkeit oder eben die im Titel implizierte Revolution verschafft. So bleibt er schlicht gut, insbesondere in der engagierten Darbietung der Affen-Schauspieler, aber irgendwie wieder zu passiv, um filmisch, inhaltlich und Franchise-technisch ja friedlich miteinander zurechtzukommen. Vielen wird dieser Frieden, diese Gewissheit der Qualität, bestimmt freuen – doch gerne möchte man nächstes Mal wenigstens eine Evolution, wenn schon keine Revolution, erfahren.
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