Susanne Bier steigt mit dem schon seit zwei Jahren auf Halde stehenden „Serena“ formatfüllend in die Smokey Mountains ab und lässt sich mit deren erschlagender Wirkung gerne bei einer Atmosphäre psychischer Beengung helfen, die fortan den narrativen Grundstein setzen wird. Denn hier jagt der Jung-Industrielle George Pemberton (Bradley Cooper) anno 1929 nicht nur dem seltenen Puma und dem Erfolg mit dem Abholzen, sondern auch ganz fix der Liebe hinterher, sobald er allesamt mit seiner souveränen Hitzköpfigkeit erspäht. Noch ist er nämlich da, der Genuss der dringlichen Arbeit während der großen Depression in North Carolina, solange man vom schweißtreibenden Handwerk zwischen Nebel und Forst leben kann. Auch wenn immer mal wieder ruppige Betriebsunfälle vonstatten gehen – in einem Fall kriegt George sogar eine junge Einheimische geschwängert; doch wie so ziemlich alles, was sich inmitten dieser Berge abspielt, wird auch das letztendlich ein dramaturgisches Nachspiel haben. Christopher Kyles Drehbuch lässt jedenfalls keine Gelegenheit der Warnung vor dem später garantiert erfülltem Elend offen: Wer sich den Puma wünscht, wird von ihm zerfleischt; die Bäume abzuholzen schadet der Natur und erzürnt wahrscheinlich auch noch Gott; und dann wäre da ja auch noch die Titelfigur Serena (Jennifer Lawrence), über deren finstere und äußerst feurige Vergangenheit George durch seine Schwester Bescheid kriegt.
Doch da kennt er trotz marginaler Charakterzeichnung aller Beteiligten nichts, lässt sich von ihrem Antlitz auf dem weißen Schimmel sofort verzaubern und reitet ihr hinterher, wie in einem Veit-Harlan-Fanfilm. Die schnelle Hochzeit steht an, sinnliche Erotik und eine geradezu selbstverständliche Teilhaberschaft ihrerseits in seinen geschäftlichen Affären – mit einer bestimmten Führungskraft, die im Verlauf zusammen mit anderen augenscheinlichen Faktoren auf mögliche intrigante Machenschaften einer Femme fatale hindeuten, aber nur indirekt dort hinführen. Das erste Opfer wird dahin gehend Georges bester Freund Buchanan (David Dencik), potenzieller Aussteiger und Verräter der ganzen Machenschaften aus Argwohn gegenüber dem Einfluss von Serena. Da schöpft Sheriff McDowell (Toby Jones) schon einen spitzen Verdacht, den er aber erst mal ad acta legt, damit das melodramatische Prozedere einer extremen, psychisch labilen Liebe seinen Weg finden darf. Denn im pausenlosen Leben unter den immer näher rückenden Felsmassiven wünscht sich Frau dann doch ein allumfassendes Monopol und Mann wohl langsam die Flucht zum Gerechten.
Da eskaliert dann alles, sobald die Verflossene von George mit ihrem Kind auftaucht, zwar nicht den neuen Familiensegen auseinanderbricht, aber seine Verantwortung auf den Plan ruft, wie es Coopers Gegenspieler Ryan Gosling im gemeinsamen „The Place Beyond The Pines“ schon erging. Doch in Serena brodelt bereits das nächste Kind und ihre Liebe zueinander hält den äußeren Umständen wacker stand, wie sie sich ausschließlich in überaus konkret erzählten Sätzen auf den Punkt genau versichern, damit die Handlung stetig vorangetrieben wird, ohne die wirkliche Tiefe der Gefühle effektiv aufzubereiten. Dafür muss der archaisch-wehleidige, doch stimmungsvolle Score von Johan Söderqvest zur schick-gelenkten Akzentuierung reichen. Es kommt allerdings alles anders als geplant, mit einer Bitterkeit, die Serenas Narben der Vergangenheit noch einen weiteren Fluch aufsetzen und allzu bezeichnend mit der Symbolik der verdorrt-zerrissenen Baumstümpfe ringsherum einhergehen: Fehlgeburten auf Lebenszeit.
Drum sucht und findet sie in ihrer Schwäche und Frustration weitere Angriffsziele und die entsprechenden Werkzeuge im selbstgefälligen Umgang mit ihrem konzentrierten Umfeld an Menschen. Alles muss eben ihr gehören. Denn in ihrem Leben hat sie schon alles andere verloren und so verfällt sie einer Sucht nach Liebe, die über Leichen geht und das Blut schießen lässt, auch wenn letzteres meist understated gehandhabt wird, wie auch die zugeknöpften Sexszenen. Ein bisschen Stil muss wohl eben dem Zeitkolorit geschuldet sein, aber jene filmische Sedierung geht auch ernüchternd einher mit dem Gesamtkonzept des inneren Konflikts, der meist nur über den erklärenden Dialog herausgeschöpft wird – wenn er dann aber auch mal über die Bilder und die dort geschehenden Handgreiflichkeiten rüber kommt, weiß er zu fesseln beziehungsweise kräftig zu würgen. Doch kurz darauf muss er sich wieder in sein Korsett schicksalhafter Story-Erfüllung pressen und die von vornherein zum Scheitern verurteilte Liebe in Flammen und Rauch aufgehen lassen, denn schließlich sind wir ja immer noch in den Smokey Mountains. Das erfüllt zwar alles einen Genre-dienlichen Zweck und macht eine routinierte, stimmige Figur, doch zur wahren Intensität bleibt in jeder Hinsicht noch die Luft zugeschnürt.
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