Eigentlich gibt es nicht viel über Antoine Fuquas Boxerdrama „Southpaw“ zu berichten, was nicht für jeden beliebigen Film des Genres gilt. Deshalb eine Synopsis, kürzer als eine Runde im Ring: Der amtierende Junior-Mittelgewichts-Champion Billy Hope (Jake Gyllenhaal mit prophetischem Rollennamen), der es zusammen mit seiner Frau Maureen (Rachel McAdams) aus dem Waisenhaus zu Starruhm geschafft hat, gerät durch einen Schicksalsschlag in eine Spirale des Misserfolgs und wird auch im Privatleben mit dem Kopf voran auf die Bretter geschickt. Sein Vermögen wird gepfändet, die Kämpfe bleiben aus – und zu alledem wird auch noch seine kleine Tochter Leila (Oona Laurence) aus seiner Obhut entzogen, bis er sich gebessert hat. Drogen nimmt er nämlich auch noch; Waffen und Autounfälle sind nur eine Frage der Zeit beziehungsweise Stichpunkte eines plakativen Drehbuchs.
Denn wie könnte es anders sein: Billy muss wieder auf die Beine kommen und sein Leben in den Griff bekommen, wobei ihn ein neuer Trainer, der mürrische doch liebenswerte Tick Wills (Forest Whitaker, selber eine Art Klischee), fordert und zu neuen Höhen treibt. Wird es Billy gelingen, den großen Kampf gegen seinen Erzrivalen Miguel Magic Escobar (Miguel Gómez) zu bestehen und die Liebe seiner Tochter wiederzugewinnen? Die Fernsehherkunft des Drehbuchautors Kurt Sutter, der Serien wie „Sons of Anarchy“ und „The Shield“ betreute und nun seinen ersten Spielfilm abliefert, ist da bereits zu erkennen. So melodramatisch sein Narrativ jede Subtilität umschifft, so austauschbar schleppt sich letztlich dessen Essenz. Der Unterschied zu anderen Werken des Genres lässt sich größtenteils in der derben Straßensprache sowie den besonders dreckigen Methoden des Geschäfts wiederfinden. Der größte Anreiz, sich diesen Film einzuverleiben, stellt allerdings die Beziehung zwischen Billy und seiner Tochter Leila dar. Hauptsächlich liegt das an dem beachtlichen Schauspiel der jungen Oona Laurence. Aber auch sonst manifestiert der gemeinsame Dialog sowie die nachvollziehbare Sehnsucht der Getrennten eine Stärke des Films, die einige aufrichtige Momente der Menschlichkeit in ein ansonsten überzeichnetes Werk injiziert.
An allen Ecken wird nämlich emotionalisiert und manipuliert, jede Entwicklung mit Pathos und Härte geschwängert, während Gyllenhaal und Kollegen vor allem solide fluchen und Fuquas Inszenierung zwischen Langeweile und Style hin- und herpendelt – je nachdem, wie dem Oscar-Baiting der Produzenten Harvey und Bob Weinstein am Effektivsten beizukommen ist. Was in diesem Sinne am wenigsten überzeugt und auch am Gröbsten eingefangen wurde, sind die Schauwerte des Boxkampfes an sich. Obwohl Spannung aufgebaut werden soll, verzichten Kamera und Schnitt darauf, ein wirklich kohärent zu verfolgendes Bild zu vermitteln. So kommt es, dass die Ansager in der Arena wirklich jede Bewegung nachplappern und auch dem Zuschauer explizit eintrichtern, welche Bedeutung der jeweilige Kampf für Billy hat. Die Absicht einer Intensivierung ist erkennbar, wie nah und wild Fuqua hier die Energie des Boxens visuell umzusetzen versucht. Doch im Endeffekt fuchtelt er auch nur um Konventionen herum. Ohnehin ist fraglich, wie realistisch der Sport repräsentiert wird, wenn man bedenkt, wie viele Treffer in steter Reihenfolge landen und zum übermäßigen, aber nicht konsequent stilisierten Blutspeien verleiten.
Ansonsten bleibt nicht viel zum Film zu sagen. Er erfüllt Erwartungen und Standards, langweilt vor allem zur Mitte hin in seinem bekannten Prozedere, aber tut zumindest mit einer gewissen Aufrichtigkeit so, als ob er der erste seiner Art wäre und die Ehre zum Milieu versteht – inklusive einem nicht einmal uninspirierten, doch aufdrängelnden Score vom jüngst verstorbenen James Horner. Wer sich dabei vom simplen Gefüge des gefallenen Sportidols zum Comeback der Wiedergutmachung noch immer mitreißen lässt, dürfte sich hier gut wiederfinden und dazu ein Zeitkolorit bekommen, das aktuellerer Natur ist sowie routiniertes Starkino anbietet, das nicht mehr sein will, als es ist. Doch es ginge durchaus mehr, wie zum Beispiel „The Wrestler“ 2008 bewies … oder auch „Rocky“ anno 1976. Das Einzige, was man mit Gewissheit aus dieser Erfahrung mitnimmt, ist, dass Oona Laurence als Schauspieltalent erfolgreich durchstarten sollte, so wie sie hier alle mühelos gegen die Wand spielt.
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