Noch immer steht dieses erhabene, konsequente Gesicht wie eine Eins auf der Leinwand: Die Rede ist von Denzel Washington, eine Eminenz der kernigen Sympathie in der Filmwelt und spätestens seit den Neunzigern ein bewährter Garant für aufregendes Action-Kino. An Imagepflege mangelt es in seinem neuesten Star-Vehikel, der Serien-Adaption „The Equalizer“ nicht, erneut unter der Leitung von „Training Day“-Regisseur Antoine Fuqua (der ursprüngliche, allzu passende Regie-Kandidat Nicolas Winding Refn stieg kurzfristig aus). Da gibt er anfangs den bescheidenen Schutzherrn seiner Nachbarschaft und seiner Kollegen im Baumarkt, Robert McCall. Doch hinter der gutbürgerlichen Fassade verbirgt sich ein Profi, der dem Bösen mit erbarmungsloser Härte die Lichter ausknipsen und es mit genauesten Blicken und Kalkulationen in Rekordzeit zerschmettern kann. Seine Ziele sind der ausbeutende Abschaum, Zuhälter, Killer, Räuber und korrupte Bullen – ihnen allen gilt es eine Lektion zu erteilen, die meist tödlich endet.

Doch über allem steht dabei sein soziales Gewissen, die Bereitschaft, andere zu unterstützen und selbst in ärgsten Verhältnissen die Hoffnung zu vermitteln, dass jeder im Leben das sein kann, was er auch sein will. Eine Philosophie, für die er mit eiserner Effizienz nach Form des alten Testaments richtet, foltert und manipuliert, auch weil seine Widersacher keine andere Sprache kennen und ihn angreiferisch unterschätzen. Da mag er in einer moralischen Grauzone des berechtigten Eingreifens landen, so sinister und schleimig die Antagonisten gezeichnet werden, aber im Grunde waltet er nicht minder blutrünstig seines Amtes, ähnlich wie der Vollstrecker des Gesetzes in Refns „Only God Forgives“. Den Einfluss des dänischen Regisseurs merkt man in jeder gewaltsamen Phase des Films an, so haarscharf geschnitten der körperliche Exzess des Fleisch gewordenen Karmas mit Knochen brechenden Fäusten, zischendem Blei und räudig hineinreißenden Alltags-Utensilien vollzogen wird.

Stilsicher und standhaft wie sein Hauptcharakter bleibt dabei aber Fuquas geradlinige Inszenierung am Horizont der brühenden Ereignisse, gefangen und doch schwenkend zwischen urbanem Terror, dämpfend-beleuchteter Etablissements des Verbrechens und einer nimmer enden wollenden Belagerung der Nacht. Die Überhand behält da noch immer der Cleverere, doch die blanke Brutalität jenseits des Gesetzes lässt sich nicht lumpen, erst recht nicht, wenn man sie an ihrem letzten Stücken Stolz, dem Geldbeutel, trifft. Letztlich findet sich der Klimax des universellen Kräftemessens in der verletzlichen und doch vorteilhaften Zelle des Baumarktes, in dem mit Stacheldraht, Bohrmaschinen, Scherben und Nagelpistolen die unausweichliche Macht der Gewalt ihren ebenbürtigen Meister findet. Bitter ist da der Anblick der verhakten, ausblutend-hängenden Leichen, mitten in der sterilen Finsternis des bedrohten Wohlstands-Amerikas. Doch im künstlichen Regen der Alarmanlage stampft der gewissenhafte Rächer in schwarz voraus und verkrümmt die Ungerechtigkeit zu einem grotesken Kadaver. Thanks Obama!

Wenn da doch bloß nicht dieser Schlusspunkt des gesicherten Status quo wäre, diese stilisierte Gutheißung der Reinigung als Selbstaufgabe, statt als ebenso soziopathisch-angehauchte Selbstjustiz, könnte man schließlich etwas mehr aus „The Equalizer“ ziehen als die blanke Verwirklichung einer fatalen Expertise, einer Lizenz zum Töten, wie man sie aus dem Genre schon zu oft gesehen hat. Beschränkt man den Film aber auf seine direkten Konflikte, erhält man durchwegs dringliche Selbstverständlichkeiten des Schlagabtausches: blutig, bösartig und mit gnadenlosem Blick nach vorn, während der treibende Soundtrack in ruppiger Aufregung verbleibt. So wie sich eben die Welt im Krieg, im Leben der gesellschaftlichen (Un-)Verhältnisse, nun mal leider seit jeher dreht und mit grässlichem Nihilismus zuschlägt. Washington transformiert sich darin auf einer moralisch-verbürgten Ebene noch halbwegs zu einem Diener der Menschlichkeit, doch er würdigt dem von ihm gelegten Feuer hinter sich ebenfalls keines Blickes. Die Brutalität hat er nämlich schon längst für sich entdeckt und die Leinwand bleibt ihm explosiv dankbar dafür. Ein wuchtiger, aber auch bedenklicher Gewalttrip.

Meinungen

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