Sam Firstenbergs „American Fighter“ erweitert unseren Rückblick auf das berüchtigte Werk der Cannon Films – denn nicht umsonst hieß es auf jeder ihrer Videokassetten: „We’re Cannon Films and we’re dynamite!“

An manchen Tagen braucht man einen Ninja, ganz gleich, mit welchem Lebensereignis man es zu tun hat. Die inklusive rotem Stirnband verdunkelten Krieger aus Japan geben dabei ein lautloses Mysterium des Todes ab, das mit seiner Exotik automatisch fasziniert und demnach auch prädestiniert ist für jede Art von medialer Aufbereitung. Mit dieser Mentalität statteten die Produzenten Menahem Golan und Yoram Globus gerne einige Filme ihres Repertoires aus, selbst wenn diese nur bedingt vom Mythos Bescheid wussten. So steht es auch um „American Fighter“, der im Original schlicht „American Ninja“ heißt und vom polnischen Action-Ass Sam Firstenberg inszeniert wurde.

Kostengünstig auf den Philippinen gedreht, ist der Held des Titels jedenfalls ein gewisser Joe (Michael Dudikoff), welcher als neuer Rekrut für die dort stationierte US-Army tätig wird. Als schweigsamer Einzelgänger zieht er schnell die Skepsis seiner Kameraden auf sich, aber auch das Herz der Tochter von General Hickock, Patricia (Judie Aronson). Beide Faktoren kommen durch einen Überfall auf einen Militärkonvoi zustande, bei dem Joe mit zielsicheren Kampftechniken und Rohrwürfen den Bösewichten zusetzt und Patricia durch einen gepflegten Sprung in den naheliegenden Dschungelfluss rettet. Zudem stellt sich heraus, dass hinter dem Angriff nicht nur die Schergen des Waffenschmugglers Ortega (Don Stewart) stecken, sondern auch der für ihn arbeitende Trupp an Ninjas unter der Führung von Black Star Ninja (Tadashi Yamashita).

Da dies nicht zum ersten Mal passiert, stinkt etwas gewaltig an der Sache – doch Joes Vorgesetzte machen ihm die Hölle heiß, weil er als Neuling eingegriffen hat und dadurch einige Soldaten ums Leben kamen. Fortan wird er als Aussätziger behandelt und muss sich bei seinen Kollegen beweisen, wodurch er aber auch schnell die Freundschaft des afroamerikanischen Haudegens Jackson (Steve James) erlangt. Zusammen versuchen sie herauszufinden, wer hinter den Überfällen steckt und was in Joes Vergangenheit vor sich ging – der Gute hat nämlich als Kind eine Amnesie erlitten und kann sich nicht daran erinnern, von wem er seine tollen Kräfte erlernt hat. Eins ist aber sicher: Für Ortega und Konsorten ist dieser amerikanische Ninja eine ernste Konkurrenz, die sich auf die Suche nach der Wahrheit macht.

Regisseur Firstenberg probiert sich hier also an einem bestechend naiven Plot, der dementsprechend kurzweilig Schauwerte des bewährten Jungskinos aufleben lässt. Ninja Joe ist schon dank Dudikoffs Darstellung als charmant-schnörkelloser Muskelsympath ein Aufhänger der Identifizierung. Kumpel Jackson versichert ihm noch dazu eine unbedingte Unterstützung unter Waffenbrüdern, wie sie auch für Kinder verständlich sein dürfte: Sie zeigen sich gegenseitig, wie gut sie kämpfen können, und sind danach Ritter des Rechts – auch weil Joe mit Patricia gerne romantische Sonnenuntergänge auf dem Kawasaki-Bike erleben will. Ein Wunschtraum, der wie die sonstige Logik des Films eher einer beglückenden Genre-Erfüllung hinterher strebt und dafür gerne ins Unmögliche vordringt.

Darin lassen sich reichlich souveräne Action-Szenarien aneinanderreihen, die dank der günstigen Verfügbarkeit des Drehortes mehr an hanebüchenem Spektakel liefern, als es unter amerikanischer Regelung möglich wäre. Genauso abseits des gängigen westlichen Verständnisses bemüht die Figurenzeichnung ein Potpourri an Rollenmodellen mit spekulativen Weltanschauungen, das völlig neben der Spur läuft und im Werk der Cannon Films oftmals den hauptsächlichen Unterhaltungswert ausmacht. Wo sonst explodiert selbstverständlich und bar jeder Ironie ein Jeep, wenn er mit moderater Geschwindigkeit einen Hang herunter rollt und gegen eine Palme bumst? Ganz zu schweigen davon, wie Joe einige Ninja-Schwerter in entgegengesetzte Richtungen fliegen lassen kann.

Aber der Film entwickelt gerade auf diese Weise eine geballte Ladung an Durchschlagskraft, die im handwerklich effektiven Gerechtigkeitssinn zur genüsslichen Unbedarftheit ansetzt. Viele vorteilhafte Zufälle und pointiert weltfremde Dialoge später kommt man daher auch zu einem Finale, das voller Unverschämtheit in die Trickkiste der Naivität greift und das actionverliebte Kind in uns anfeuert – soweit sogar, dass selbst Bösewicht Ortega seinen Helikopter zur sicheren Flucht noch mal anhält, um den Ninjas beim Kämpfen zuzusehen. Natürlich ist die dargestellte Form des Ninjitsu pure Fantasie – aber das passt zum Gesamteindruck von Firstenbergs Abenteuer, das sogar drei Fortsetzungen in die Welt setzte und hier ein Arsenal an Lachern entfacht, das für mehr als drei Filme ausreichen dürfte.

Und das Gelächter kommt nicht etwa davon, weil „American Fighter“ von unbeholfener Technik gezeichnet wäre. Stattdessen liefert der Film nämlich eine haltlose Show ab, die sich selbst gerne in hitzige Gefechte und schwitzende Muckis schmeißt, bis der obskure Ninja-Zauber einfach alle Grenzen und markigen Sprüche überschreiten will. Das ist die entschiedene Verspieltheit, mit der man als Kind im Hinterhof ebenfalls Söldner gegen Ninjas in Plastikform antreten lassen wollte: alles andere als inhaltlich gehaltvoll, doch dafür ein Spaß voll aufrechter Schwarz-Weiß-Dynamik und schludriger Szenario-Konstruktionen. Ein echt flotter Feger kampftechnischer Romantik.

Meinungen

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