Männer und ihr Spielzeug. Unter Michael Bays sanften Fingern kann in kurzer Zeit jedes Kind im Manne ruhiggestellt werden. Verwendet der Meister der pompösen Action-Berg-und-Tal-Fahrten schließlich auch noch ein altes Spielzeug für das Grundgerüst seines Films, nämlich eine von Hasbro (die pflichtbewusst schon im Vorspann erwähnt werden) in Japan eingekaufte Serie sich balgender Plastikpüppchen, schreit und stöhnt jeder Bay-Fan vor Begeisterung auf. Wie es in einer zivilisierten Bevölkerung aber üblicherweise zugeht, sind die Meinungen gespalten. Damals, bei den in Windeseile verwandlungsfähigen Robotern zu Autos oder Flugzeugen schon. 2007, mit Bay am Steuer einer riesigen Marketingmaschine und 147 Millionen Dollar Budget, noch eher. Die „Transformers“ rumpeln, klappern, ächzen unter ihren computergenerierten Kleinteilen, sie nölen, klopfen kluge Sprüche und retten nebenbei ganz locker die Welt. Freundlicherweise nimmt Bay dem Zuschauer gleich auch die Meinung in all den geschickten Vorschauen vorweg: Frauen? Draußen bleiben. „Transformers“-Unkundige? Draußen bleiben. „Transformers“-Feinde? Draußen bleiben. Bay-Feinde? Draußen bleiben. Dem kleinen übrig gebliebenen Rest der Meute sollte das dargebotene Spektakel allerwenigstens gefallen. Alle restlichen Mutigen ohne vordefiniertes Schema: Draußen bleiben.

Ein gigantischer Würfel fliegt durchs Weltall. Er knallt auf die Erde. Damit ist es um Michael Bays ausufernden Kracher „Transformers“ schließlich auch geschehen, infolgedessen sprießen 144 Minuten aus dem dröhnenden Wrack einer Kinderidee, die schon damals an Katastrophen viel zu bieten hatte. Unter Bays Fittichen explodiert das Actionkino, es rammelt und staubt, es mieft und ist doch so klinisch rein, dass die Haubendeckel der gut geölten „Transformers“ förmlich erbeben. Dabei steht doch eigentlich nur die geringe Handlung um den gutmütigen, aber scheinbar hyperaktiven Sam Witwicky (Shia LaBeouf) im Mittelpunkt. Der verträumte Bursche bekommt nach langer Nörgelei endlich von Daddy (Kevin Dunn) seinen ersten eigenen Schlitten: einen gelben Camaro. Der altertümliche Wagen ist natürlich, wie könnte es bei der Kombination Bay und Hasbro auch anders sein, kein normales Auto, sondern der Riesenroboter Bumblebee, der seine knarrenden Blechkumpels, sogenannte Autobots (freundlich gesinnte „Transformers“), gleich im Schlepptau herbei ordert. Sinn des Ganzen ist die katastrophale Zerstörungswut der gegnerischen Partei, Decepticons, die auf der Suche nach dem „All Spark“, jenem auf der Erde barrikadierten Würfel, den jungen Sam abgrasen müssen, der den Schlüssel zu des Rätsels Lösung in den Händen hält.

Für das eigentliche Verständnis von Handlung – in Bays Falle Nicht-Handlung – benötigt es keine ausschweifende Diskussion. Ein Actionfilm des Regisseurs von „Armageddon – Das jüngste Gericht“ (1998) und „The Rock – Fels der Entscheidung“ (1996) der benötigt schlicht und ergreifend keinen wirklichen Plot. Das verlangt keiner, will keiner sehen. Ein Plot für die herumtollenden Blechbüchsen hält in Wirklichkeit nur von der eigentlichen Aufgabe des Stoffes ab: einer stundenlangen Effektschlacht. Bay muss zugutegehalten werden, dass er sich nicht nur an das Grundbedürfnis aller, von Intelligenz und Relevanz weit entfernter, filmischer Bombardements hält, nein, er legt noch einen Zacken drauf. Seine „Transformers“ wetzen in unlogischen Szenarien, krebsen belanglos zwischen Teeniegedöns, Armee- und Regierungsgeschehen umher, ohne den leisesten Anhaltspunkt davon zu besitzen, warum ein permanenter Wechsel überhaupt stattfinden muss. Die Handlungsfäden kreuzen sich in unwichtigen Nebenszenarien, wie Spider-Man höchstpersönlich hangelt sich Bay von Belanglosigkeit 1 zu Belanglosigkeit 2, macht einen kurzen Abstecher in Belanglosigkeit 2b, geht über in Belanglosigkeit 4, um nach halbstündiger Banalität den eigentlichen, aber ebenso banalen Hauptstrang wieder in Empfang zu nehmen.

Nur auf diese bestimmte Weise ermöglicht Michael Bay den „Transformers“ dann ebenfalls mehr oder minder ein Überleben von 144 Minuten. Er umgeht einfach eine stringente, hirnrissige Erzählung, wie bereits von ihm gewohnt. Stattdessen pendelt sein Ziel irgendwo inmitten der ernsthaften Hollywoodschaukel, patriotischem Gewäsch und wertvollen Kriegsanleihen, die selbst Steven Spielberg, der unbedingt als Produzent auftreten musste, in „Der Soldat James Ryan“ noch besser hinbekommen hatte. Der Spannung sei dank fallen all die kleinen Löcher allerdings natürlich kaum ins Gewicht. Schließlich ist das doch ein Bay, oder? Da knallt die Action aus allen schwachsinnigen Rohren, die nur zu gerne mit einem lauten „Yippee-ki-yay Schweinebacke“ untermalt werden möchten. „Transformers“ ist ein fader Schnipselfriedhof, selbstreferenziell, stümperhaft von einem Regisseur dritter Güteklasse gedreht, er windet sein Haupt in kleinteiligen Schrottrobotern, schlimmstenfalls setzt er in noch minderwertigeren Augenblicken auf eine besonders effektive Vielfalt an dämlichen Klamauk-Dialogen.

Gerade die prophezeite Nonstop-Action fällt beileibe aufgrund des niederen Spannungsgehalts und der wirren Schnittgestaltung ins knietiefe Wasser. Bay vermag gerne zeigen zu wollen, was denn der moderne Kameramann in seinem Repertoire aus der Hosentasche alles heraufbeschwören kann, es für den Zuschauer aber auch noch übersichtlich und ansprechend zu gestalten, gelingt ihm trotz (oder gerade wegen?) seiner Filmografie jedoch nicht. In perfiden Nahaufnahmen drücken die „Transformers“ beider Seiten sich gegenseitig die Birne ein, sie fliegen umher, klettern in schön-schnöder King-Kong-Akrobatik auf das nächstgelegene Hochhausdach und mogeln sich so durch ihre eigene Bestimmung. Dem Zuschauer bleibt nach einstündiger Gehirnverweichlichung des Showdowns die Spucke schon vor Trockenheit in der Luftröhre pappen. Furchtbar steif gefroren echauffieren die guten Autobots und bösen Decepticons sich im effektgeladenen Finale, bei dem im nachhinein noch immer die Frage offen steht, wer den Kampf schlussendlich gewonnen hat. Nunmehr gefühlt Tausend blecherne Verwandlungen später ist der Ausgang des Kindergeburtstags tatsächlich aber einem nebensächlichen Faktor gewichen, der keiner Befriedigung bedarf.

In seinen besten Momenten stellt „Transformers“ immerhin einen erbaulichen Rekord an idiotischen Dialogen und Einzeilern zusammen, die in ihrer Form und Anzahl mitunter in solch Schwachsinnigkeit abdriften, dass sie dennoch eine bescheuert-dekadente Art der Unterhaltung erzeugen. Besonders Labertasche LaBeouf bildet mitunter trotz seiner stupiden Nervigkeit den sehenswertesten Part des Films. Eine Charaktereinführung ist dabei besonders hinreißend idiotisch: Der höchste aller Bösewichte, Anführer der Decepticons, der kaum ein paar Minuten zum Zuge kommt, plärrt nach seiner Gefriertruhenaktivität nämlich tatsächlich: „Ich bin Megatron.“ Ungewollt erinnert jene Szene an Kevin Smiths ironische Bibellehrstunde „Dogma“, in der der Engel Metatron sich ganz ähnlich mit „Ich bin der Metatron“ zu Wort meldet. Entgegen der feinen Referenz ist es dann gar nicht gut, dass der von Alan Rickman gespielte Metatron sich in nachfolgender Szene vollkommen freiwillig entblößt und aus Mangel an jedweden Genitalien gesteht: „Engel sind nicht ausreichend bestückt.“ Denn spätestens dann benötigt der Imperator des teuflischen Action-Krams, Michael Bay, selbstredend keine Ausrede mehr für seinen ausgelutschten Schund.

Meinungen

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