Immer und immer länger kloppen Decepticons (die Bösen) auf Autobots (die Guten). Das geht mal nur 144 Minuten (Teil 1), dann schon 150 (Teil 2), später 154 (Teil 3), bis nun bei dem mittlerweile viertem Pamphlet des Autoelektroschrottwerks 165 Minuten auf der überbordenden Kante stehen. Und ebenso die Frage: Wer kann sich mit diesen Rostfängern ernsthaft identifizieren? Vor allem: auch noch über beinahe drei Stunden? Wir gehen dieser Frage um Michael Bays „Transformers“ zum Kinostart von „Transformers – Ära des Untergangs“ am 17. Juli nach. Währenddessen bastelt der Kerl ohne nützliches Drehbuch schon an Teil 5, damit auch ja keine allzu große Verschnaufpause eintritt und sich unser Hirnschmalz nur wenig zurückbilden kann.

Die Bay’schen „Transformers“ in der Retrospektive

„Transformers“ (2007, Ausführliche Kritik)

In seinen besten Momenten stellt der erste „Transformers“ immerhin einen erbaulichen Rekord an idiotischen Dialogen und Einzeilern zusammen, die in ihrer Form und Anzahl mitunter in solch Schwachsinnigkeit abdriften, dass sie dennoch eine bescheuert-dekadente Art der Unterhaltung erzeugen. Besonders Labertasche LaBeouf bildet mitunter trotz seiner stupiden Nervigkeit den sehenswertesten Part des Films. Eine Charaktereinführung ist dabei besonders hinreißend idiotisch: Der höchste aller Bösewichte, Anführer der Decepticons, der kaum ein paar Minuten zum Zuge kommt, plärrt nach seiner Gefriertruhenaktivität nämlich tatsächlich: „Ich bin Megatron.“ Ungewollt erinnert jene Szene an Kevin Smiths ironische Bibellehrstunde „Dogma“, in der der Engel Metatron sich ganz ähnlich mit „Ich bin der Metatron“ zu Wort meldet. Entgegen der feinen Referenz ist es dann gar nicht gut, dass der von Alan Rickman gespielte Metatron sich in nachfolgender Szene vollkommen freiwillig entblößt und aus Mangel an jedweden Genitalien gesteht: „Engel sind nicht ausreichend bestückt.“ Denn spätestens dann benötigt der Imperator des teuflischen Action-Krams, Michael Bay, selbstredend keine Ausrede mehr für seinen ausgelutschten Schund.

„Transformers – Die Rache“ (2009, Ausführliche Kritik)

Seinen angeblichen Entstehungsumständen zu urteilen – von wegen unfertiges Skript, Autorenstreik and all that jazz (der ist nach dem Finale des Erstlings ja sowieso nicht mehr dabei) – fällt es zunehmend schwer, dem zweiten Teil der „Transformers“-Reihe wirklich grimmig gegenüberzustehen. Was aber nichts daran ändert, wie lumpig er letzten Endes dann doch innerlich zusammengeschustert wirkt, auch wenn es deutlich hilft, dem eigentlichen, juvenilen Geist Michael Bays abseits seiner Affinität für das chaotische Spektakel (gut inszenierte Action würde ich das nicht unbedingt nennen) gerecht zu werden – mit all seinen platten Fratboy-Späßen, krass-rassistischen Abziehbildern (unter anderem Mudflap & Skids – die prädestinierten, zumindest semi-heroischen Autobot-Niggaz mit ordentlich Bling-Bling, großen Ohren und Zähnen, sowie einer ausgeprägten Leseschwäche) und einem latent misogynen beziehungsweise misanthropischen Weltbild. Bezeichnenderweise wirken jene Faktoren so aufgesetzt, dass man sie gänzlich aus dem Endprodukt herausschneiden könnte, aber die 150 Minuten Laufzeit müssen ja irgendwie gefüllt werden und dem schwitzigen Pop der Zerstörungsorgie die nötige Portion sub-adoleszente Siffigkeit verleihen (welche den Zuschauer übrigens, so eklig-frustrierend sie auch ist, bei sadomasochistischer Laune zu halten versucht).

„Transformers 3“ (2011, Ausführliche Kritik)

Mit dem Abschluss der Shia-LaBeouf-Trilogie versucht Regisseur Michael Bay ein etwas ernsthafter gehaltenes Sci-Fi-Epos um die interstellaren Blech-Roboter, welche sich in Autos und andere irdische Utensilien verwandeln können. Klingt schon wie ein Widerspruch, ist tonal auch eine befremdliche Krux, die mit der Jugendlichkeit des Erstlings nicht mehr allzu viel gemein hat (höchstens Sams Eltern, in grünen Overalls im eigenen Bus durchs Land kurvend, hegen noch ein Stück Leichtigkeit), stattdessen auf einige recht finstere Szenarien setzt, deren dramatisches Gewicht sich nur dann entfaltet, wenn die (beim jungen und jung gebliebenen Publikum) beliebten Autobots dem Tode nahe sind. Bay nimmt hier zusammen mit seinem verbliebenen Drehbuchautoren Ehren Kruger Kurs auf gnadenlose Gewalt in digitaler Form (klar, auf 35mm, aber ebenso in 3D), ist zwar noch immer nicht komplett weg vom Räudenhumor der Vorgänger, legt aber noch mehr denn je Wert auf unglückliche Konflikte, Bastard-Charaktere, Verrat und Auslöschung im großen Stil – in einer tristen Welt, die unter dem nimmer stoppenden Exzess manischer Zerstörung zu leiden hat. Schon die ersten Hoffnungsschimmer von „Transformers 3“ beherbergen einen bitteren Hintergrund, sobald Bay im filmischen Geschichts-Revisionismus die Apollo-11-Mission der Mondlandung zum Erforschen eines dort gelandeten Autobot-Schiffes ummünzt, welches im Krieg um Cybertron als letzte Bastion/Arche entfliehen konnte, aber kaum Überlebende innehat.

„Transformers 4 – Ära des Untergangs“ (2014, Ausführliche Kritik)

Hier haben wir wohl den pursten „Transformers“-Film bekommen, vor dem man sich auch seit jeher gefürchtet hat: eine fast drei Stunden lange Nonstop-Sinnes-Attacke, bei der Handlung und Charaktere nur noch minimalistisch-dünn angebaut und über das ganze Zelluloid verschmiert werden, um einer ungebändigten Orgie von Explosionen, digital-umwirbelnden Einzelteilen, Dröhn-Tonflächen und zynisch-freudloser Gewalt gegenüberzustehen, bei der sich das unfassbar plakative (nun auch zeitweise chinesische) Product Placement fast schon am prägnantesten aus dem ganzen Geschehen heraushebt. Michael Bays „Transformers 4 – Ära des Untergangs“ ist damit wohl die frechste Provokation des Jahres gelungen und kann eigentlich kaum noch als Film, denn als sadistisches Experiment der Chaotik bewertet werden, welches unentwegt versucht, das menschliche Gehirn in Brei zu verwandeln – so wie es eigentlich auch sein sollte. Wie oft haben sich doch Fans und Puristen jener Hasbro-Spielzeug-Marke beschwert, wie belanglos die menschlichen Faktoren in diesen Filmen wirken und kaum nötig sind – nun, die Nachricht wurde erhört und Bay sagt uns den äußerst lehrsamen Kampf an!

Meinungen

Teile uns deine Meinung zu „Michael Bay und seine Transformers“ mit. Die Angabe eines Namens, einer korrekten E-Mail-Adresse sowie der Kommentartext sind verpflichtend. Alle Meinungen werden moderiert.

Kinostart: 14.09.2017

Mr. Long

In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Kinostart: 27.07.2017

Django

Étienne Comars Debüt eröffnet mit einem Porträt über Django Reinhardt die 67. Berlinale.

Kinostart: 06.04.2017

Tiger Girl

Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.

Kinostart: 09.03.2017

Wilde Maus

Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Mr. Long

Sabu, Japan (2017)

Zerbrochene Leben und einstürzende Neubauten: In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Wilde Maus

Josef Hader, Österreich (2017)

Selbstmord durch gefrorenes Wasser: Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Occidental

Neïl Beloufa, Frankreich (2017)

Italiener trinken keine Cola! Neïl Beloufa verzettelt sich in seinem chaotisch-absurden Kammerspiel-Debüt.

Tiger Girl

Jakob Lass, Deutschland (2017)

Freiheit durch Reduktion: Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.