Sam Firstenbergs „Night Hunter“ erweitert unseren Rückblick auf das berüchtigte Werk der Cannon Films – denn nicht umsonst hieß es auf jeder ihrer Videokassetten: „We’re Cannon Films and we’re dynamite!“
„Night Hunter“ ist einer von diesen Filmen, die auf dem Schulhof am meisten Eindruck schinden dürften. Mit einer geradezu kindlichen Naivität entfacht der polnische Regisseur Sam Firstenberg unter der Ägide der Cannon Films ein Action-Abenteuer der achtziger Jahre, das selbst im Kontext jenes Jahrzehnts als spekulative Klischeesammlung amüsiert – als eine Nachbildung dessen, wie ein kontemporäres Genre-Werk zu funktionieren hatte. Daher liest sich die Ausgangslage des Films schon wie ein Baukasten, mit dem sich das adoleszente Publikum der Entstehungszeit effektiv ansprechen ließ: Matt Hunter (Michael Dudikoff) ist ein ehemaliger CIA-Agent und junger charmanter Haudegen, der seine Eltern durch ein Attentat verloren hat, welches ihm galt. Als er mit seiner kleinen Schwester Sarah New Orleans besucht, trifft er sich mit der Familie seines afroamerikanischen Freundes Larry Richards (Steve James), der für den Senat kandidiert und deshalb beim Mardi-Gras-Umzug auftritt.
Doch im Unterholz von Louisiana blubbert das Böse, da die rechtsextreme Truppe von Pentangle Menschenjagden im Sumpf betreibt und mit Gewalt gegen die Ambitionen Richards’ vorgehen will. Bei einem Anschlag erwischen sie jedoch seinen Sohn – und obwohl er seine Familie im Schatten der Trauer daraufhin in Sicherheit bringt, will er sich den Killern stellen. Sein Freund Matt ist da natürlich voll auf seiner Seite. Mit Faustkraft, artistischer Stunt-Arbeit und heißen Geschossen geht es den Bösen also an den Kragen. Dabei wird sich einer Logik beholfen, die vor allem auf die Unterhaltung des Zuschauers abzielt. Deshalb schreien Schergen besonders plakativ darum, „diese Typen tot sehen“ zu wollen, woraufhin deren Jeep dann von hinten über Rampen und Köpfe angesprungen kommt. Ohnehin haben unsere Protagonisten immer den Durchblick und die rechtschaffensten Sprüche auf den Lippen, denn vor allem wenn es um Matt geht, wird man daran erinnert: „Er ist der Beste, den der CIA je hatte.“
Natürlich sind solche Großkotzigkeiten reichlich übertrieben, da das Production Value eher mittelmäßiger Natur ist und der Regie in der Einhaltung enger Drehpläne gewisse Flüchtigkeitsfehler sowie andere Merkwürdigkeiten passieren. So darf man mäßige Kulissen und Achsensprünge bewundern, während zudem alle Szenarien wie schon bei anderen Golan-Globus-Produktionen von kultureller Unkenntnis gezeichnet sind. Gerade das macht aber den Hauptbestand an Spaß aus, wie fern jeder Subtilität grundlegende Gerechtigkeitsgefühle freigelegt und mit einem pointierten Best-of des Heldenvokabulars betont werden. Deshalb sind die Guten auch besonders gütig, kräftig und von pathetischer Statur (sogar in geselliger Runde belesene Zeitgenossen), während die Bösen hinterfotzige Arier-Säcke sind, die kleine Mädchen versteigern und theatralisch um menschliche Beute gieren. Aus letzterem Grund ist auch die filmische Power von Michael Dudikoff und Steve James nicht von durchgängiger Dauer, da die Fieslinge sogar diese mit Unmenschlichkeit zu durchkreuzen wissen.
Danach ist Matt in den Sümpfen auf sich allein gestellt und der Film wird zu einem dringlichen Kampf ums nackte Überleben. Eine durchaus dramatische Wendung für „Night Hunter“ und besonders mit dem Einstieg in die spekulativ-gezeichnete Bayou-Kultur von unsicherer Furcht geprägt. Das nimmt dem Film seine vorherige Leichtfüßigkeit, doch bleibt der Zuschauer an Matts Schicksal fernab der Ernüchterung dran. Er wird eben durchweg als aufrechter Sympathieträger dargestellt, der für Freund und Familie gegen Neonazis kämpft – nicht mehr und nicht weniger; ohne ironische Brechung, dafür voll gutgläubiger Ehre. Eben das, was man auf dem Schulhof schnell als vorbildlichen Helden identifizieren kann. Und dann auch noch in der Form eines coolen Schönlings vom Schlage Dudikoffs, welcher der Ryan Gosling seiner Zeit hätte werden können, wäre sein Output während der Achtziger nicht die Krönung des Ruhms geblieben. So wird seine physische Erscheinung im Verlauf zum entscheidenden visuellen Mittel, das mit unbedingter Hingabe Kämpfe im Matsch und in Würgegriffen meistert, als ginge es wahrhaft um Leben und Tod.
Aber auch Widersacher Glastenbury (John P. Ryan, „Express in die Hölle“) kennt kein Erbarmen. Dieser schwingt ultrarassistische Tiraden, entledigt sich brutal unfähiger Handlanger und nimmt sogar Kindermorde in Kauf, um seine politische Agenda durchzusetzen. Im Finale stehen sich so Gut und Böse im Angesicht der Zeit gegenüber. Und wenn man eines aus der Vergangenheit gelernt haben sollte, dann, dass sich Wahrheit und Gerechtigkeit stets durchsetzen. Deshalb ist „Night Hunter“ trotz seiner technischen Torheiten und ideologischen Simplizitäten ein befriedigendes Musterbeispiel für Actionfans jüngeren Herzens (unabhängig des jeweiligen Alters), auch wenn der Film vormals auf dem Index stand. Die Sympathien bleiben stets auf der guten Seite, Grauzonen gibt es nur im trivialen Verrat aus den eigenen Reihen und die Gewalt poppt hier regelrecht mit unbeholfenen Gebrüll auf, lässt sich daher auch nur mäßig ernst nehmen. Die gute alte Faustregel vom Kampf gegen das Böse zieht also immer noch – vor allem, wenn sie mit derartiger Einfachheit voranschreitet.
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