Gabriel Serra Arguellos „The Reaper – La Parka“ stand mit sieben weiteren Filmen in der Vorauswahl für eine Nominierung bei den Oscars in der Kategorie „Bester Dokumentarkurzfilm“ und wurde als einer von fünf Beiträgen nominiert.
Efrain ist ein stoischer, versteinerter und erstarrter Typ. Er reagiert und redet, wenn er dazu aufgefordert wird. Aber dieses Reden ist kein instinktives Quasseln. Es ist ein klägliches Aussaugen der angebundenen Worte. Er ist ein versteinerter Typ – seine Sätze purzeln wie Felsen aus seinem Mund; erst mühevoll nachgebend, dann die Gegenmaßnahmen kappend. Efrain arbeitet als Tierschlachter. In seinem Beruf tötet er, kehrt nach getaner Arbeit zu seiner Familie zurück, spielt Fußball, isst am Abendbrottisch. Eben Familie. Eingerostete Familiengesten. Vater, Schlächter. Gemeinschaftsmensch, Einzeltäter. Wasser, Blut. Gabriel Serra Arguello hat diesen sonderbar selbsttätigen Mann aufgesucht, um ihm ein kontrastierendes Entlastungsporträt zu widmen: Der Henker, der über Leben und Tod richtet, handelt so pragmatisch wie uneigennützig. Er müsse seine Familie ernähren, wie er zugibt. „The Reaper – La Parka“ besteht reihenweise auf derlei schwülstige, entschuldigende Absolutionsanträge. Als ob Efrains Berufung die Aufregung wert wäre.
Gabriel Serra Arguellos schlichter Dokumentarkurzfilm drängt sich mitunter insofern auf, Begründungsmonologe im philosophischen Altpapierformat zu liefern, die trennen sollen vom Leben einerseits und andererseits. Auf die Bildertexturen hingegen versteift sich „The Reaper – La Parka“ formidabel – ab dem Moment nämlich, wenn die systematisch, ja kunstvoll puritanisch gefilmte Zielbewusstheit der Arbeitsschritte das Töten von Tieren wiedergibt, das Hautabziehen, das sturzbachstromartige Blut, die aneinandergehängten Körper, der Dreck unter den Fingernägeln, das tonbeständige Rumoren der Fabrik, bildet der Film physische, herbe Wahrheit ab, das eine für das andere zu opfern. Hierzu hätte der Regisseur auf die überplanmäßige Ästhetisierung der Fleischüberreste verzichten können, von roten Spritzern zu aufgeschwemmt roten Pfützen einen seriellen Zersetzungsfortgang pointiert zu timen. Reichlich schauerlich gerät „The Reaper – La Parka“ nichtsdestoweniger, da sich Efrain im Familientöten und -erhalten versteht. Ohne viel Aufhebens.
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