J. Christian Jensens „White Earth“ stand mit sieben weiteren Filmen in der Vorauswahl für eine Nominierung bei den Oscars in der Kategorie „Bester Dokumentarkurzfilm“ und wurde als einer von fünf Beiträgen nominiert.
In der Hochkonjunktur des Öls arbeiten die Maschinen, immerfort und ritualisiert. Ölbohrtürme schwingen aus und ein, ein und aus. Ähnlich einer anderen gleichnishaften Szene, in der Schlittschuhlaufen genauso ein kreiselndes Muster auf der Eisfläche hinterlässt, verursacht durch die Bewegungen der Kufen, ist dies ein Kreislauf unauslöschlicher Rückwirkung. Die majestätisch lebensfeindlichen Impressionen archaischer Natur, die „White Earth“ poetisch orchestriert, korrelieren mit der Auflösung durch das Infiltrieren und den Zufluss der Technik. Ein Zug rattert gellend und schallend in die (Eis-)Landschaft hinein, ein Auto stürzt sich in nebelbesinnliche Schneeverwehungen und schnellt am Blickfeld vorbei. Was J. Christian Jensen aufbietet, um bei kältesten Temperaturen die heimatverwurzelte Stimmlage einer postindustriellen Industrienation aufzunehmen, definiert sich über den Widerspruch des Eises (der klimatischen Bedingungen) mit dem Feuer (der Ölquellen), der Unwirtlichkeit des Urzustandes mit der Gewalt der Ressourcenausschöpfung.
Die Nominierung für den Oscar zum Besten Dokumentarkurzfilm 2015 überrascht nicht. Erbauende Offenheit, getragene Verbundenheit, ein, zwei auflockernde Kalauer zwischendrin: „White Earth“ erzählt einen Ausschnitt Amerikas jenseits seiner glitzernden, gigantomanischen Konsumwelt nach, der zwar zum Glück nicht unbedingt den letzten Schritt zur predigenden Spiritualität vollzieht, aber von innen heraus, aus den unbeschwerten Beobachtungen von Kindern und Migranten einer Arbeiterschicht, eine politisierte Naivität anstößt, die im Öl ein Spannungsfeld nachzuweisen versucht. Natürlich konsensgerichtet, natürlich abwägend, natürlich kantenlos. Trotzdem wirkt der Film sympathischerweise nicht wie aus einem Guss oder wie flacher Sozialkitsch – die infantilen Kommentare aus dem Off, erzählklammernde Scharniere über Vergangenheitsangst und Zukunftshoffnung, behalten etwas Ungeniertes, Saloppes, Entkrampftes bei, das glaubwürdig statt chemisch die wirtschaftsökonomische Umgestaltung der Landschaftskunst für wichtig erachtet.
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