Frank Henenlotter begibt sich mit „Bad Biology“ erneut in extreme Gefilde und Mutationen des menschlichen Körpers. In diesem Fall dreht sich alles um unsere Zentren der Lust, hier zu bizarren Ausmaßen des körperlichen Heißhungers angewachsen, auf der Suche nach der sättigenden Ekstase. Beide Geschlechter erhalten daher ein Maximum an erogenen Zonen. Zum einen wäre da die provokative Fotografin Jennifer (Charlee Danielson), welche mit ganzen sieben Klitoris einen unheimlich starken Männerverschleiß an den Tag legt, diese jedoch stets im Klimax umbringt, dabei ablichtet, im Nachhinein reichlich futtert und aufgrund ihrer verstärkten Fortpflanzungsorgane innerhalb von Stunden unfertige Babys auswirft. Ihr Körper ist dabei ständig in Wallung und der potenziellen Vereinigung erlegen. Selbst in der Nähe des nahenden Kontaktes oder dem Gedanken daran verlangt ihre Haut nach Berührung, nach Griffbereitem und Reibendem.

Allein schon, wenn sie das Leder ihrer Jacke umfasst, schießen Endorphine durch ihren Leib und durch Henenlotters minimalistische, doch auch fleischliche Inszenierung. Da ergeht es dem männlichen, unschuldigeren Counterpart Batz (Anthony Sneed) nicht anders – sein bestes Stück drängt allerdings mit solch einem Verlangen auf den Verkehr, dass er es mit Drogen besänftigen muss und im Gegenzug mit Maschinen bei dauernd laufenden Pornos zu entladen hat. Er schämt sich für seine Absonderlichkeit, dämmt seine Hosen mit Klebeband ein und probiert, dem Sex zu entsagen; nicht nur, damit er niemanden mehr mit nimmer aufhörenden Orgasmen (wie Jennifer sie normal erlebt) wehtut. In den Leben unserer beiden Protagonisten liegt nämlich auch stets eine Vergangenheit des Unverständnisses, der Entsagung, Enttäuschung und des Verlusts.

Das Gefühl der Ausgrenzung ist seit jeher Grundthema bei Henenlotter, der auch hier den schwarzhumorigen Geist seiner früheren Werke bewahrt. Ein Aspekt davon ist nochmals die Identifikation mit dem gesellschaftlichen Außenseiter, welche hier mit der Konzentration auf die Überspitzung eines der nachvollziehbarsten Bedürfnisse des Menschen eingeht. Die Verführung lauert zudem im Ambiente, zwar (passend zum bescheidenen, doch selbstsicheren Budget) in verruchten Großstadt-Molochs lokalisiert, aber selbst im Dreck und Müll ausreichend mit den Höhepunkten sexueller Beschaffenheit ausgestattet, worauf die Kamera stets einen recht konkreten und ehrlichen Blick legt. Klar wird dabei auf primitive Instinkte fokussiert, werden sexuelle Vorurteile und Rollenmuster ausgelassen thematisiert, zeitgleich aber auch im Rahmen der Korrumpierung zur (mehr oder weniger) subversiven Kritik ausgestanzt. Vieles an dieser gezeigten Welt arbeitet nämlich auf eine entmenschlichende Sexualisierung hin und setzt unseren Protagonisten auf ihrem wenig erstrebenswerten sozialen Status noch mehr zu.

Aus dieser etwas anderen Leistungsangst entwickelt sich schlussendlich eine Verselbstständigung des Geschlechts bei Batz, just in einem Zeitraum, als Jennifer von ihm Notiz nimmt und in ihm endlich einen geeigneten Partner gefunden zu haben scheint. Dies gipfelt in eine Szene, in der sie ihm im Geheimen beim Abladen einer Prostituierten folgt, deren Höhepunkt seit Stunden angehalten hat – dabei filmt sie die Befriedigte unentwegt direkt mit dem Camcorder und gerät selbst in Leidenschaft. Batz’ erigiertes Teil jedenfalls durchbricht derweil das Unterholz von verschiedenen Wohnungen hübscher Frauen und befriedigt diese als Tentakel zur blanken Besinnungslosigkeit – auch zur eigenen. In jenen Szenarien scheint ein Exploitation-Faktor durch, der mit leicht holpriger Repetition eine Sättigung des Triebes visualisieren will.

Wie alles Überschwängliche und Exzessive findet sich dies irgendwann in der Redundanz wieder, doch wie der gesamte Film wird hier ein auswegloser Zustand beleuchtet, der vor sich selbst zu flüchten versucht, jedoch immer wieder in dieselbe psychische Ecke der Geilheit getrieben wird. Dieses Dasein, unentwegt der sexuellen Erquickung hinterherjagend, drückt an und für sich eine gewisse Tristesse aus, doch „Bad Biology“ findet darin zum Schluss hin eine entschiedene Selbstverständlich- und Natürlichkeit, die einem eigennützigen, doch erfüllenden Cumshot verpflichtet ist. Er endet in Visionen wie auch im Verderben und einer verzerrten Mutantengeburt – kein durchwegs schöner, nicht mal ein bittersüßer Anblick, aber eben auch eine Konsequenz des Glücks in einer neuen Form der Biologie. Ist sie dann noch fehlerhaft, wenn sie trotzdem auf ihre Art funktioniert? Frank Henenlotter jedenfalls bleibt mit seiner Sympathie bei ihr und sich damit auch seinen filmischen Prinzipien treu, welche er bereits 1982 mit „Basket Case“ etablierte. Ein uriger Menschenfreund ist er ja, doch umso beglückender für die Zuschauer Grenzen überschreitenden Independent-Horrors.

Meinungen

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