Zwischen Wissen und Wissenschaft porträtiert David Cronenberg den Albtraum aus Fleisch und Blut mit Gift und Galle. Zeit, ihm in einer Retrospektive zu huldigen! Des Parasiten achter Schlag mit „Scanners“.
Bei David Cronenberg darf sich der Zuschauer niemals, wirklich niemals sicher fühlen. Denn seine Filme sind brachiale, verstörende Biester, die machen, was sie wollen. Keine Ausnahme und ein zweifellos weiteres Highlight des kanadischen Regisseurs: „Scanners“. Das bizarre Werk aus dem Jahr 1981 handelt von einer kleinen Gruppe – 237 von damals vier Milliarden Erdenbewohnern –, die mithilfe ihrer Gedanken Menschen beeinflussen, verletzen und sogar töten können. Und da die Natur verschiedener Menschen durchaus als unterschiedlich bezeichnet werden kann, werden die Kräfte von ihren Besitzern auch auf unterschiedlichste Weise genutzt. Da wären einerseits jene, die mit dieser Gabe etwas Gutes tun wollen; andererseits jene, die versuchen, ihre Kräfte zu verbergen und niemals einzusetzen. Und dann gibt es noch Menschen wie Darryl Revok (Michael Ironside), die nichts lieber tun würden, als die Welt, so wie wir sie kennen, zerbersten zu lassen.
Dieser Darryl Revok wird in einer der denkwürdigsten Sequenzen des Horrorfilms eingeführt. Er lässt den Kopf eines anderen Scanners nach einem Gedanken-Duell bestialisch zerplatzen. Diese Szene ist nicht nur formal fantastisch, sondern setzt auch die Richtung fest, in die der Film verläuft. Denn anstelle von wilden Schießereien finden die wirklich wichtigen Duelle hier in den Köpfen der Protagonisten statt. Das heißt allerdings nicht, dass David Cronenberg auf Effekte verzichten würde. Ganz im Gegenteil: Auch „Scanners“ ist purer Körperhorror. Und Cronenberg treibt seine bizarres Horrorszenario in einem finalen Showdown, der blutiger und faszinierender kaum sein könnte, vollkommen auf die Spitze. Dabei wird das Œuvre Cronenbergs noch immer oft zitiert – und vor allem „Scanners“ findet aufgrund seiner konfrontierenden Besonderheiten einen Weg in das moderne Kino. Die Klasse des Originals erreichen diese Zitate allerdings zu keiner Sekunde.
Cronenberg nämlich war immer mehr als nur Genrekino. Sein Kino sprengte nicht nur die Köpfe seiner Charaktere, sondern mit seiner Sinne berauschenden Bilderflut auch die der Zuschauer. Genreregeln oder Erzählkonventionen waren für den Kanadier immer relativ. Sein Kino lebt, pulsiert, brodelt zu jeder Sekunde. Und „Scanners“ ist ein großartiger Horrorfilm, der nach wie vor zu den Sternstunden des Genres gezählt werden darf.
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