Zombies, Katastrophen, Monster und Außerirdische sind die etablierten Kriterien eines Weltuntergangsszenarios und nur selten schaffen es Filme oder Serien dieser Thematik neue Akzente zu setzen. Edward Wrights „Shaun of The Dead“ und Lars von Triers „Melancholia“ prophezeiten in den letzten Jahren einen humoristischen und intellektuellen Wandel der Apokalypse, doch Trittbrettfahrer wie Roland Emmerich oder die Macher der Serie „The Walking Dead“ sind gleichzeitig die größten Rückschritte, die in diesem Genre in den letzten Jahren gemacht wurden. Die selten auftretenden Perlen schaffen es nicht die Welle zu unterdrücken, die den Markt dominieren und sind dementsprechend schnell in Vergessenheit geraten. Seth Rogens und Evan Goldbergs „Das ist das Ende“ nimmt das gesamte Genre gekonnt aufs Korn und bietet spektakuläre Unterhaltung, die vorher so nicht abzusehen war.

Seth Rogen und Jay Baruchel besuchen James Franco, der eine wilde Party in seinem Anwesen feiert. Zu Gast sind mehrere prominente Gäste wie Jonah Hill, Emma Watson, Michael Cera oder Rihanna. Es läuft alles so ab, wie geplant: große Alkoholexzesse, Sex, Drogen und eine Menge Spaß für jeden Anwesenden. Als dann jedoch die Apokalypse herein bricht, haben die sonst so coolen Hollywood-Stars auf einmal nicht mehr die Ruhe weg und müssen mit biblischen Verkündigungen, Dämonen und den ganz normalen menschlichen Bedürfnissen fertig werden.

Das gute an „Das ist das Ende“ ist, dass hier Männer die Regie tätigten, die das Genre auch verstanden haben. Zwar hat Rogen als Regisseur nur wenig Erfahrung und ist auch sonst filmisch maximal im Mittelfeld anzusiedeln, doch durch die Zusammenarbeit mit Evan Goldberg haben sich zwei im produzierenden Gefilde bekannte Gesichter zusammengefunden und Regie geführt. Die Idee, welche auf dem Kurzfilm „Jay & Seth vs. The Apocalypse“ beruht, ist eine vollkommen absurde und überdrehte, dementsprechend prädestiniert sind die beiden Regisseure, die für „Superbad“, „Ananas Express“, aber auch „50/50 – Freunde fürs (Über)Leben“  verantwortlich sind, für diesen Film.

A huge earthquake happens, who do they rescue first?
Actors!

Gekonnt spielen die Regisseure mit dem Image der Hollywood-Stars und bisweilen gelingt es diesen sogar, eben jene Gesellschaftsschicht zu entlarven und aufzudecken, indem sie das überbordende Konsumverhalten der Stars als Allegorie zum eintretenden Weltuntergang setzen. Sonst so routiniert, sind sie nun auf sich allein gestellt und verlieren den Anschluss an das Leben, wenn dieses auf einmal sprichwörtlich ausfällt. Mit nur einem Bruchteil an Nahrung stehen sich die Überlebenden nun gegenüber und müssen Entscheidungen treffen, die ihren Tod bedeuten können. Man merkt ihnen an, dass es sie überfordert überhaupt in Stresssituationen denken zu können und aus einem Rudel werden immer mehr Einzelkämpfer, die jene ausscheiden, die nicht rein passen. Daraus resultiert die gegenseitige Abneigung, die vermehrt über Leben und Tod entscheidet. Ob dies nun übertriebene Interpretation zu einer banalen Komödie oder doch selektives Verstehen des Films ist, erscheint als Unterhaltungsprodukt reichlich rudimentär. „Das ist das Ende“ hat sicherlich nicht die Intention Hollywood bis aufs Mark zu kritisieren, aber die Anleihen sind nicht zu verkennen und so sollte man den Film nicht direkt als platte Komödie abspeisen. Obwohl es sicherlich die Absicht des Films ist, den Zuschauer zu unterhalten. Und dies gelingt ihm ohne weiteres.

„Das ist das Ende“ reiht sich nahtlos an das gesetzte Niveau aller anderen bekannten Komödien der beteiligten Stars ein. Es wird aufgeregt rezitiert und Verweis um Verweis auf Filme gebracht, die in dieser absurden Thematik deplatziert wirken müssten, aber dennoch amüsant erscheinen. Mitten im Film wird dann die inoffizielle Fortsetzung zu „Ananas Express“ gedreht, mit Jonah Hill als Woody Harrelson. Emma Watson stürmt mit der Axt in der Hand durch das Haus, reißt Türen ein und möchte letztendlich sogar die Jungs erschlagen. Das suggeriert Anleihen zu Kubricks „The Shining“, die so absurd gesetzt sind, dass die teilweise eintretenden Durststrecken des Films vergessen werden können. Die ruhigen Momente gehören bei weitem nicht zu den stärksten und sind im Gesamtkontext vermutlich auch die schwächsten des gesamten Films. Auch wenn man sich versucht durch homosexuelle Anspielungen über Wasser zu halten, versagen diese meist durchgehend.

Die Stärken entfalten sich, wenn die Gruppe um James Franco, Seth Rogen, Jonah Hill, Jay Baruchel, Danny McBride und Craig Robinson im Einklang arbeitet. Ihre Drogen-Eskapaden gehören zu den Höhepunkten des Films, deren überdrehte Einfälle jedes leicht aufgelegte Gemüt sofort erreichen wird.  Ist der eigene Humor allerdings an Standpunkte wie Niveau oder kulturelles Verständnis geknüpft, wird man hier enttäuscht werden: Zwar verzichtet man auf billige Furzwitze und überdrehten Slapstick, makaber und unter die Gürtellinie geht es trotzdem.

James Franco: I will shoot off your dick!
Danny McBride: You don‘t have enough bullets, bitch!

Makaber ist vor allem der Schluss. Die Auflösung der Apokalypse nimmt einen einfachen, aber auch unkonventionellen Weg: die Bibel. Sich auf die biblischen Weissagungen zu berufen ist gleichermaßen mutig, wie auch ungemein witzig, denn so persiflieren sie das gesamte Genre mitsamt erzkonservativen religiösen Überzeugungen und statuieren ein Exempel an den Humor: Traut euch und distanziert euch von dem billigen Einheitsbrei, der sich tagtäglich aufdrückt. Rogen und Goldberg revolutionieren mit ihrem Film nichts und werden auch kaum damit eine Meinung offerieren können, aber sie zeigen, dass man auch durch übertriebenen Klamauk überzeugend wirken kann. Die aufsteigenden Dämonen sind eine ernstzunehmende Bedrohung, werden aber auch wieder als etwas Irdisches denunziert, indem man ihnen einen Phallus abtrennt. Bisweilen fällt es der Crew schwer den Balanceakt zwischen Stupide und Latent-amüsant zu halten. An manchen Stellen werden gute Einfälle Mittel zum Zweck, um die Zeit zu überbrücken und vergessen ein gleich bleibendes Niveau zu halten. Glücklicherweise sind diese Momente rar gesät und werden oft durch gute Einfälle ersetzt.

Sein gesamtes Gewicht legt der Film fast durchgängig auf seine Schauspieler, die diese Last auch gewillt sind zu tragen. Durch das freundschaftliche Verhältnis untereinander, welches nicht gespielt ist, wirken die Interaktionen nicht aufgesetzt. Zwar sind die schauspielerischen Leistungen durchgehend gut und niemals wirken sie impertinent, aber sie passen nur in die übertriebenen und absurden Momente. Weder Seth Rogen noch Jay Baruchel sind Ausnahmeschauspieler oder ansatzweise so talentiert wie James Franco und Jonah Hill, aber dennoch verlegen sich diese Szenen, die sich um etwas wie Charakterentwicklung scheren, auf die beiden vorrangigen Protagonisten. Die Chemie zwischen Baruchel und Rogen ist nicht so ausgefeilt wie Rogen und Franco und dementsprechend stagniert die Entwicklung. Am überzeugendsten agiert Jonah Hill, der innerhalb der Gruppe aber zu wenig beachtet wird und erst zum Schluss wirkliche Relevanz besitzt, die dann allerdings verschenkt wird. Die neckischen Auseinandersetzungen mit Danny McBride innerhalb der Gruppe sind die Hervorstechendsten. Durch ihn kommt der Antrieb und mit ihm steht und fällt alles. Die Gastrollen sind die größte Signifikanz des Films. Michael Cera überrascht am Anfang, wird aber genauso schnell ausgemustert, wie er aufgetreten ist. Emma Watson und Jason Segel sind ebenso redundant und gerade der Auftritt mit Watson enttäuscht. Sie wird vollkommen unbeachtet ihrer Fähigkeiten eingesetzt und sobald sie das Haus betreten hat, ist sie auch schon wieder vergessen.

Trotzdem ist „Das ist das Ende“ großartige Unterhaltung und neben „The World’s End“ die größte Hoffnung im Comedy-Bereich dieses Jahr. Ein großartiges Finale beendet den Film genauso gut, wie er begonnen hat und macht glücklich, ihn gesehen zu haben. Ohne Frage hat der Film Schwächen, diese sind aber zu verkraften und als Unterhaltungsprodukt irrelevant. Dank der Schauspieler und der kompromisslosen Geschichte, die weder Fragen stellt, noch Antworten gibt, ist das Absurde stets vorrangig. Und eben dieses Absurde hält den Humor auf einer guten Distanz zur Niveaulosigkeit.

Meinungen

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