Was für ein achtloser, spitzbübischer Film über Frauen! Frauen, die saufen, der Polygamie frönen, als lapidare Journalisten bei Lifestylemagazinen Geld verdienen, einen homophoben Rassisten ihren Daddy nennen und die bürgerlichen Konventionen ihrer Schwester verfluchen (Haus, Auto, Stiefkind). Und was für ein achtloser, spitzbübischer Film über Frauen Judd Apatows „Dating Queen“ gerne wäre. Stattdessen ist er – des englischen Originaltitels „Trainwreck“ sei Dank – eine „unabwendbare Katastrophe“. Vielleicht eine Hyperbel. Aber wie alle Hyperbeln im Universum des Judd Apatow in gewissem Maße wahr. Denn die Amy-Schumer-Gedächtniskooperation unterhält in Maßen, langweilt in Maßen, sentimentalisiert in Maßen, nervt in Maßen. Und ist bei aller Maßlosigkeit maßregelnd, da sie der ätzenden, enthemmten, wunderbaren Protagonistin (Amy Schumer als Amy) schließlich nahelegt, es doch nur mit einem einzigen Kerl zu versuchen, der: aufrichtig, solide, amüsant und schrullig zugleich ist. Eben ein Prototyp des durchschnittlichen Mannes von nebenan. Den noch dazu der reizende Bill Hader mimt. Eigentlich idiotensicher, dieses Konzept.

Aber in den meistens weniger idiotensicheren Filmen Apatows gibt es in der Regel auch: Paarungswillige, die sich ihr Brusthaar waxen statt wachsen lassen („Jungfrau (40), männlich, sucht …“); Komiker, die sich um Peniswitze mehr scheren als um das Dasein ihres Penis („Wie das Leben so spielt“); Kleinkinder, die leider nicht klein und leider zuckersüße, ehrbare, liebenswerte Erwachsene sind („Beim ersten Mal“). Da Apatow jedoch seine Drehbuchkappe für Comedienne Schumer zog, die für viel Kurzes, viel Internet und viel Fernsehen bekannt ist, wundert sich „Dating Queen“ ein ums andere Mal, wie lang sich über zwei Stunden Komödiengeknatsche anfühlen können, wenn kein Regisseur zur Tat schreitet, der mit harter Linie kürzt und kleinredet. Natürlich, die humanistischen Mimosendialoge des New Yorkers sind nicht verloren – nur anders: grausamer, schwärzer, unangenehmer. In den Händen Schumers werden sie geradewegs zu Dolchen, die, sind sie scharf, für hässlich großartige Trauerreden sorgen oder, bleiben sie stumpf, kein Toastbrot schneiden können.

Ein Sidekick hier (LeBron James als LeBron James), ein entlaufener Star dort (Daniel Radcliffe als „The Dogwalker“), viele One-Night Stand Guys früher und rüde Späße über Tilda Swintons Solariumteint später fühlt sich „Dating Queen“ wie ein pelziger Kaugummi an, im Spagat zwischen Anarcho und Reißbrett. Die berühmte Parkbank aus Woody Allens „Manhattan“ tappst natürlich ebenso durchs Bild, als ob sie in einem Film eines New Yorkers über eine New Yorkerin in New York mittlerweile obligatorisch wäre. Aber die wahre Sensation entgeht Amy Schumer: sie selbst. Und was wäre „Dating Queen“ wohl für ein räudiger Tumult, wenn Schumer sich ihre Kürze und grotesken, emanzipatorischen Lebensphilosophien bewahrt hätte. Vielleicht auch kein Meisterwerk – doch ein selbstgefälliger, unbändiger Trip in die Niederungen der Frau. Die eben auch vögelt, bechert, kotzt. Weil daran nichts falsch ist.

Meinungen

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