Das sehnsuchtsvolle Motiv einer vergangenen Trilogie hallt in der Düsternis. Später sogar flirren einmal bläulich schimmernde Vögel hinauf aus Blättern in Kupfer und Gold, während sogleich in Peter Jacksons doppelt zweiter Partitur Mittelerdes, „Der Hobbit: Smaugs Einöde“, eine Ahnung längst bekannter Magie aus dem Schatten lugt, ein Funke, welcher alles (endlich wieder) entzünden könnte und doch erlicht. Eben jene winzigen, so wunderbar unscheinbaren und dennoch aus unserer Vorkenntnis bewussten Momente blinzeln immerzu hervor, sie tragen die Fortsetzung gewiss weiter als sie getragen werden sollte. Denn das Undenkbare präsentiert Peter Jackson nur noch Denkbar. Einst rannten Elben und Orks in kunstvoll handgenähten Gewändern und schmierigen Gesichtsmalereien über Ländereien und säbelten Gegner und deren in kunstvoller Rechenarbeit kreierten Duplikate um, jeder für sich ein Individuum, weniger künstlich als tatsächlich real. Nun wächst die Kunst höchstens noch aus dem Künstlichen. Schon „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ brach die Tradition des Geerdeten im Fantastischen, da er alles erzählen wollte, schwerlich jedoch die Muse und eindeutiger ein Drehbuch fand, das eine liebevolle Anekdote über den Anbeginn aller Abenteuer erzählen wollte. Das Simple war zur Farce geworden für Peter Jackson.

Denn er schwingt in die Höhe, in der Tiefe jedoch mangelt es ihm vorzüglich. Alles narrative Sträuben und Winden mag im Kopfe Peter Jacksons in Fässern durch Wasserfälle sausen – noch fließend, gar träumerisch –, den Ruf der ausufernden Trilogie des Herrn der Ringe geleitet „Der Hobbit: Smaugs Einöde“ allerdings zu einer Fabel um nichts als eine Ode an die Technologie selbst. Das Mystische und Mythische, ja, Fordernde, fehlt ihm gänzlich, er wirkt mit zunehmender Laufzeit im künstlichen Mark leer. Freilich entspinnt sich auch hier noch immer eine Erzählung über die Gier der Völker, denn der Weckruf für jene Reise bildete sowohl die Sehnsucht nach einer Heimat als auch das Frohlocken des Reichtums, welches ebenso gemeißelt in dem Berg Erebor im Osten Mittelerdes versteckt liegt. Dort hockt der Drache Smaug (Benedict Cumberbatch) auf seinen Plündereien und die Rückeroberung dieser lockt Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und seine zwölf Zwergkumpanen ins Wagnis. Ein Meisterdieb soll sie begleiten, denn jeden Zwergengeruch nahm der Drache schon wahr. Ein Hobbit jedoch, besonders einer namens Bilbo Beutlin (Martin Freeman) erzählt des Drachen Nüstern eine neue Geschichte. Eine des Auenlandes, eine kleine und sanftmütige.

Dennoch lag das Herz dieser Geschichte niemals in seiner Winzigkeit begraben, niemals in dem Anbeginn einer epochalen Erzählung, niemals in den Zwergen, Drachen, Gestaltwandlern: Das Herz von „Der kleine Hobbit“ definierte sich durch den titeleinnehmenden Hobbit Bilbo, wie er aus der Idylle des Auenlandes eine Reise antrat, die alles für ihn Denkbare überstieg. Dort pendelte J. R. R. Tolkien immerfort zwischen kindlicher Naivität und einer Sehnsucht nach dem Unbekannten. Groß war schon jene Geschichte, weil sie uns mehr erahnen ließ, als wir in den wenigen Seiten Buch zu finden vermochten. Dabei regte sich „Der kleine Hobbit“ in unseren Fantasien auf die Seltsamste aller Formen: Er zeigte wenig von einer unerschöpflichen Welt – stattdessen ließ er sie uns erdenken in übellaunigen Facetten und Königreichen, welche bis ans Meer und noch viel weiter reichten. Es war eine Hinführung, aber genügte sich nicht als solche. Selbst eine Ordnung fand sich zwischen übergroßen Adlern und Spinnen – in dem einen Träger des Ringes und seiner Bürde, sei es nun die Bürde Sméagols, Bilbos oder alsbald Frodos. Im Kern wuchs aus ihrem Schicksal die manifestierte und immer zeitgemäße Abhandlung des Auserwählten und mit ihm der Widerstand gegen das Böse.

Nun vergisst Peter Jackson in „Der Hobbit: Smaugs Einöde“ leider diesen eindeutig wertvollen Ritus in sein fleischloses Potpourri aus Pixeln zu geleiten und strebt sogar statt fiebriger Nähe zu ehemals markanten Charakteren eine synthetische Entwurzelung seiner Narration an. Jederzeit droht die Kompilation weiterer Bruchstücke aus Tolkiens Mittelerde-Nachlass zu bersten. Nicht jedoch vor Magie, weil all das Seltsame sich findet und ein Feuer gedeihen lässt – mehr wie der ausgestoßene Dunst eines sterbenden Drachen. Gewiss dreht sich „Der Hobbit: Smaugs Einöde“ im Kreis, es wäre aber ein leichtes diesen Fakt mittels weniger Kniffe in erzählerisches Novum zu wandeln. Schließlich mangelt es nur am Leben, an einer ausschweifenden Magie, die nur ausbrechen müsste und sie würde entzücken. Denn die Egomanie jedes Einzelnen, besonders jene Thorins, fordert eigentlich eine Dynamik abseits des Elliptischen. Leben diese Charaktere, lebt jeder der Zwerge und schafft ein Dasein abseits seines Nächsten, dann gelänge Peter Jackson nichts weniger als ein Abenteuer der reinsten Fassung. Eines, welches nicht zu fassen ist, welches sich windet und plötzlich so gar nicht viel zu erzählen versuchen müsste, weil es seine Geschichte durch die Figuren trägt.

Noch in „Der kleine Hobbit“ schickte Bilbo dem Bogenschützen Bard eine sprechende Drossel, um die Achillesferse Smaugs zu verbreiten. Es ist eine beinahe minimalistische Sequenz, doch kennzeichnend für die eigentümliche Finesse des Werkes. Vielleicht schien Peter Jackson und mit ihm den Drehbuchautoren Fran Walsh und Philippa Boyens an der Subtilität eben jener Episode nicht viel gelegen, wirkt sie doch gemütlich in ihrer Ausführung und Bedächtigkeit durchaus untypisch. Dort allerdings finden wir wahrhaft die Magie wieder, mit welcher Tolkien seine Ausführungen schmückte; manchmal so leichtfüßig, sie würde uns sogleich verloren gehen. Der Kraftakt hinter Jacksons bemühter Interpretation kann dem schwerlich gerecht werden, sein Leichtsinn und Gespür für den Rhythmus dieser Geschichte will ihm nicht einfallen.

Meinungen

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