Ein wunderbarer weißer Strand: Schöne Menschen bräunen sich in der gleißenden Sonne. Frisch verliebte Pärchen, wohlhabende Rentner, fröhliche Familien. Sie alle wollen hier in Amity gemeinsam ihren Sommer genießen. In aller Ruhe, fernab des stressigen Alltags in der Großstadt. Die Hitze in dieser Ferienoase ist kaum auszuhalten. Deshalb lockt das erfrischende Atlantikwasser. Was dort lauert, ahnen die meisten jedoch noch nicht. Sie fühlen sich sicher. Was kann ihnen hier in diesem Paradies schon geschehen? Die lokalen Behörden wissen jedoch bereits mehr. Ihnen ist ein wenig mulmig zumute. Nervös blickt der Polizeichef Martin Brody, gespielt von Roy Scheider, immer wieder durch sein Fernglas hinaus aufs weite Meer. Doch der Umsatz ist wichtiger; schließlich befinden wir uns in der Hochsaison. Der Tourismus boomt, so möchte der Bürgermeister die Bedrohung noch verheimlichen. Ist die Idylle bald wirklich in Gefahr?

1975 landete Steven Spielberg mit „Der weiße Hai“ einen gigantischen Erfolg und leitete mit diesem Tier-Thriller eine neue Ära in Hollywood ein. Größer, schneller, pompöser sollten die Filme nun werden. Der Beginn der ersten großen Blockbuster. Doch ist „Der weiße Hai“ viel mehr: Er ist die Brücke zwischen dem alten und neuen Hollywood. Situationskomik, Perversität und erzählerische Finesse erinnern an Alfred Hitchcocks Filme. Das Paradox zwischen der schillernden Urlaubsatmosphäre und den schauderhaften Haiattacken; die angedeutete Obszönität, indem zunächst eine junge nackte Schönheit von der Bestie angegriffen wird; aber vor allem die vielschichtigen Erzählperspektiven, die Spielbergs Thriller in eine spannende Suspense-Wundertüte verwandeln. Im einen Moment sehen wir die gut gelaunte Menge am Strand, im nächsten Moment die drohende Gefahr im Meer: aus der Perspektive des Hais selbst. Schuss, Gegenschuss. Dazu ertönen diejenigen Klänge aus dem Off, die jeder sogleich im Ohr hat, sobald das Stichwort „Der weiße Hai“ fällt – der unvergessliche Soundtrack von John Williams. Herman Melville schrieb bereits 1851 in seinem Roman „Moby Dick“: „Denn es gibt keine Torheit der Tiere auf Erden, welche der Irrsinn der Menschen nicht unendlich weit übertrifft.“ Die Natur gegen den Menschen: ein ewiger Kampf. So wird der Horror auch in diesem Film schnell zur (Selbst-)Kritik: Was ist hier verrückter und mächtiger, die Bedrohung aus dem Meer oder die gefährliche Mischung aus Egoismus und Gier in den eigenen Reihen?

Natürlich begeistert Spielbergs Film heute Fans noch auf einer weiteren Ebene. „Der weiße Hai“ ist ein Klassiker. Sein trashiger Retro-Chic entführt in eine vergessene Welt, in der Monströsitäten noch aufwendig aus Pappmaschee und Kunststoff gebaut werden mussten, auf der Leinwand ein wenig unbeweglich daherkamen und dennoch die Massen erschaudern ließen. Unser Auge ist im Jahre 2015 gewohnt an perfekte Nachahmung und feinste Detailarbeit. Ein Special Effect hier, eine Computer-animierte Szene und Figur dort. Der Green screen ist aus dem Kino nicht mehr wegzudenken. Da ist der wuchtige, steife weiße Hai, wie er versucht sich auf das zerbrechliche Fischerboot zu hieven, Erholung und Nostalgie zugleich.

Meinungen

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Bisherige Meinungen

Tobias
13. Januar 2015
16:54 Uhr

Die Kritik fängt gut an, ist dann aber doch sehr kurz geraten und keine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Film.
We´re gonna need a bigger boat oder eine längere Kritik :)

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