Wer mit dem Ensemble der Peanuts, deren Abenteuern, Gefühlen und dem Werk von Charles M. Schulz in lieb gewonnener Nostalgie vertraut ist und Angst hat, dass Regisseur Steve Martino jene Essenzen mit „Die Peanuts – Der Film“ abschwächt, kann beruhigt sein. Was Tempo und Verpackung für eine junge Zielgruppe angeht, muss man zwar das eine oder andere Auge zudrücken, aber ansonsten ist der beißende Existenzialismus um Hauptfigur Charlie Brown durchweg präsent, wie auch die Eigenarten seiner Mitstreiter respektvoll zur Geltung kommen und in ein bodenständiges Umfeld konzentriert werden. Der Film geht gleichsam davon aus, dass man sich schon ein Stück weit mit der Vorlage beschäftigt hat, so dass man ihre illustren Charaktere, ob nun Peppermint Patty, Schröder, Lucy, Sally oder Pig-Pen, deren Funktionen und einige Referenzen wiedererkennt. Obgleich sie in diesem Rahmen für jeden verständlich auftreten, sind sie nämlich Teilnehmer einer schier unbändigen Menge an Witzen, visuellen Gags und Situationskomiken, die in ihrer Kreativität wirken, als stände das Erbe von Schulz unter einem Zuckerschock.
Dies wird ergänzt durch einen Animationsstil, der die Bewegungen der einzigartigen künstlerischen Handschrift von Schulz animiert doch originaltreu wiedergibt und mit grellen 3-D-Modellen und vor allem detailreichen Hintergründen aufwartet, die vormals karges Suburbia enthielten. Auf diese Weise pendelt sich das Team der Blue Sky Studios in einer Zone zwischen Hommage und Konsens ein und nutzt dafür auch moderne Popsongs, dezente popkulturelle Referenzen sowie einen anbiedernden Score von Christophe Beck, der die Emotion etwas überakzentuiert. Puristen werden vielleicht das Feld räumen – jedoch ändert das nichts an der Grundprämisse des Films, die sich in das klassische Konstrukt der Peanuts einfügt, als hätte es keinerlei Pausen seit der Veröffentlichung als Comicstrip anno 1947 gegeben (bezeichnenderweise wurde das Drehbuch auch von Schulz’ Söhnen Bryan und Craig mitgeschrieben). So begegnen wir unserem guten alten Charlie Brown, der seit eh und je zwischen Schule und Freundeskreis einen Drachen steigen lassen will, was natürlich abermals in die Hose geht und sich mit anderen Verfehlungen seiner Existenz kombiniert, die er nur seufzend hinnehmen kann.
Er bleibt der aufrechte Versager im Leben – der Film mag dem nicht mit Zynismus begegnen –, lässt der kindlichen Frechheit seiner Mitschüler aber auch genügend Luft, während unser gewitzter Hund Snoopy von seiner roten Hütte aus beratende wie eigennützige Absichten verfolgt. Eines Tages zieht jedoch ein rothaariges Mädchen in die Nachbarschaft ein, in das sich Charlie unendlich verliebt, obgleich er seiner schüchternen Natur entsprechend Bammel davor hat, sie anzusprechen. Fortan gilt es für ihn also, sich ihr indirekt von seiner besten Seite zeigen zu wollen und dafür Aufgaben in Angriff zu nehmen, die er mit absoluter Hingabe zu bestehen versucht, bei welchen er aber stets auf die eine oder andere Art scheitert, sich lächerlich macht oder für das Wohl anderer abbricht. Der Film benutzt für diese Stationen eine dramaturgische Episodenhaftigkeit, die geläufigen Kinderserien als auch dem Gestus von Schulz’ ursprünglichem Serienformat entspricht. Der rote Faden von Charlies Ziel wird jedoch stets beibehalten und illustriert in jener Wiederholung des Scheiterns auch, dass man im Leben mit Enttäuschungen rechnen muss und dennoch niemals aufgeben sollte.
Gewiss spielt es dem Film in die Hände, Charlie ins Auge des erwähnten Juxtornados zu stellen und sein unbeholfenes Auftreten vor allem durch Hobbypsychologin Lucy und andere teils um Reife bemühte Kids hinterfragen zu lassen, obwohl jene Auffassungen in mindestens einer Episode entlarvend umgeworfen werden. Parallel zu Charlies Herzensbemühungen denkt sich Snoopy in den kreativen Prozess eines Autoren und verarbeitet darin eine Fantasie als Fliegerass, der seine große Liebe zu retten versucht. Jene per Kapitel erläuterten Szenen bieten einen abenteuerlichen Kontrast zum ansonsten geerdeten Film, wobei das reißerische Flugspektakel als Ablenkung oder Veräußerlichung der Kreativität beinahe abgekoppelt zum Ganzen wirkt. Hieran zeigt sich wieder, dass der Film mehreren Ansprüchen gerecht zu werden versucht und zumindest eine bunte Bandbreite erreicht, in filmischer Hinsicht jedoch unkonzentriert wirkt. Letztlich hat der Film ein offenes Herz für die individuellen Belange seines Ensembles und legt trotz Rotzbengelfaktor fest, dass sich gemeinschaftlich um die Erfüllung des Einzelnen gekümmert wird und dass dieser als Persönlichkeit geschätzt wird und daran auch wachsen darf. Nicht nur Kindern wird diese Einsicht eine Menge Freude bereiten – aber das liegt eben auch an dem seit jeher anhaltenden Charme, den das Universum der Peanuts ausmacht. Ob es unserem Charlie allerdings zulässt, den stets von Lucy festgehaltenen Football zu kicken, steht auf einem anderen Blatt.
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