Das alte Spiel mit der Erwartungshaltung wirft wieder mal seine Würfel auf den Tisch. Denn eine Fortsetzung zu „Dumm und Dümmer“, welche ganze zwanzig Jahre auf sich warten ließ, ist gleichsam eine sichere Bank wie auch ein kritisches Risiko in der modernen Filmlandschaft. Peter und Bobby Farrelly scheinen sich dieser Problematik bewusst zu sein und probieren nur anhand weniger Updates eine Wiederauferstehung der bewährten Formel, mit der sie 1994 ihr Debüt als komödiantische Autorenfilmer feierten. Man kann ihnen darin eine sture Altbackenheit vorwerfen, da sie stilistisch gesehen nur in Sachen Soundtrack (unergründlicher Weise von Empire of the Sun) und Schreiberling-Bestandsauffüllung (unter anderem: Sean Anders und John Morris von „Hot Tub Time Machine“) neuere Aspekte aufbieten – doch ihre Verpflichtung zur klassischen Gag-Vermengung trägt nicht selten pointierte, schrille Früchte.
Der Hang zum Vintage Slapstick, den sie seit jeher in ihrem Gesamtwerk ausleben und 2012 mit ihrer „Three Stooges“-Hommage in Langspielfilmform essenziell die Ehre erwiesen, scheint nämlich auch hier mit unbedarftem Geist hindurch, getragen vom ungenierten bis manischen Spiel ihrer beiden Protagonisten, Lloyd Christmas (Jim Carrey) und Harry Dunne (Jeff Daniels). Deren infantile Dummheit jenseits etablierter Gesellschaftsnormen (oder überhaupt einem souveränen Allgemeinwissen) stellt weiterhin eine Quelle absurder Verhaltensweisen sowie unfassbarer und unzeitgemäßer Dämlichkeiten dar; konsequent schamlos und somit charmant, wenn auch klar auf nostalgischer Note harmonierend. Für eine Zurschaustellung alter Talente ist man als langjähriger, enthusiastischer Zuschauer für solche Späße aber ohnehin dankbar. In der Hinsicht enttäuscht das „Dumm und Dümmehr“-Team nicht, wenn es darum geht, erneut den anarchischen Fun in einem stilsicheren Road Trip zu entfesseln, bei welchem Harry seine entfremdete, sprich ihm bisher unbekannte Tochter Penny (Rachel Melvin) aufsucht, in die sich Lloyd bereits nach einem Blick aufs Foto Hals über Kopf verknallt.
In ihm steckt eben immer noch der Schelm mit der egoistischen, geradezu soziopathischen Frechheit. Doch sein Kumpel Harry ist nun noch mehr für jeden Spaß zu haben und nur selten so unschuldig, geplagt und verloren wie im Vorgänger. Das Sequel erfreut sich nämlich jetzt öfter am ausgelassenen Streichespielen – einer wahren Renaissance des pubertären Ulks, der umso drolliger mit dem Kontrast des augenscheinlichen Alters seiner noch immer exzessiv-aufspielenden Helden daherkommt. Das Tempo, in dem sich der Film dagegen bewegt, ist nicht immer das flotteste: zwar angenehm kohärent und dem Witz verpflichtet, aber vor allem gegen Ende hin etwas bleiern in den Knochen. Ebenso ergeht es der Darstellung der biederen Antagonisten; einem plakativen Haufen intriganter Snobs (um Laurie Holden und Rob Riggle), welche genauso steif die innere Verkommenheit der Upper Class aus dem ersten Teil parallelisieren.
Jene Gestalten besitzen wie einst 90er-Jahre-Soap-Charakter, bewusst mit einer Oberflächlichkeit behandelt, die wie gehabt ihre scheinbare intellektuelle Überlegenheit unterminieren und lächerlich machen soll. Ein simples Werkzeug der Kunst der Komödie, bei dem die unbedarften Dummen am Ende ganz fein raus sind und der Otto-normal-Zuschauer ohne Weiteres Sympathie in ihnen finden, das mühelose Gelingen teilen kann. Dieses Prinzip gipfeln die Farrellys mit der plakativen Invasion unserer Kindsköpfe bei einer Schlaumeier-Konferenz, in der sie den Laden mal ganz schön auf dem Kopf stellen, sich über einige obskure Wege als Professoren ausgeben können und trotz ihrer Schwachsinnigkeit auch als solche gehandelt werden. Jenes Szenario beherbergt gewiss Naivität, doch ebenso Ambition zur proletarischen Plattheit, die mit Dadaismus das unaufhaltsame Kichern, auch der Schadenfreude, herbeifördert.
Lloyd überkommen dabei aber schicksalhaft die selbstsüchtigen, in Tagträumen herbeigesehnten, Obsessionen und es folgt der Bruch mit Harry. Doch weitere Offenbarungen und die bereits zu 1994 bremsende Aufklärung der intriganten Spiele der Reichen führen die Beiden wieder zusammen, Streiche spielend und kein bisschen klüger in den Abspann flitzend. Letzterer sucht nochmals die Connection zum Publikum anhand altbekannter Momente montiert zu verschiedenen Szenen aus dem soeben gesehenen neuen Teil (natürlich nichts aus dem Prequel „Dumm und Dümmerer“), doch hat das der Film gar nicht mehr nötig. Sicherlich hat er sich einzelne Plotbewegungen und Anspielungen vergangener Tage angeeignet wie auch die Essenz des zuvor aufgespielten Humors, doch mit seinem Arsenal an neuen Späßen steht er auf überraschend erheiternden Beinen und ist sich nicht zu schade, die Erwartungen immer nochmal umzukehren, aber auf jeden Fall Blöd- und Frechheit für sich selbst siegen zu lassen.
Für sich selbst ist da ein gutes Stichwort, da „Dumm und Dümmehr“ allein mit seiner Existenz offensichtlich für eine Zielgruppe gedacht ist, die mit dem Vorgänger aufgewachsen und somit eher empfänglich für seine nicht mehr zeitgemäßen Eigenarten ist. Der Film macht ja auch kaum Anstalten, einer neueren Generation wirklich gefällig zu sein, das hat er ja schon in seinem Grundkonzept, seinen Charakteren und Referenzen verankert. Aber genau das birgt auch eine Entschlossenheit hinsichtlich der noch immer geradezu selbstverständlichen, hysterischen Wirkung euphorischer Hirnrissigkeit. Und wie alles in Sachen Humor ist solch eine Wirkung eher subjektiver Natur. Wer allerdings seit jeher über Harry und Lloyds Eskapaden schmunzeln konnte, wird hier auf die alten Tage nochmals genüsslich bedient. Dabei kommt nichts Weltbewegendes heraus – aber solch ein dummer Besuch ist auch mal willkommen, vor allem nach zwanzig Jahren Pause!
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