Das Internet ist manchmal nicht der beste Querschnitt für differenzierte Meinungen. Beispielhaft illustrieren lässt sich dies im Falle von Paul Feigs Reboot der „Ghostbusters“, einem im Vergleich zum Original von 1984 nun weiblich fokussierten Spukspaß, der im Schatten seiner Vorgänger von vornherein reichlich Häme abbekam, weil die Trailer – nach Feigs „Spy – Susan Cooper Undercover“ nicht verwunderlich – nur den aktuellen Standard abspulten. Das Echo fiel nicht weniger oberflächlich aus und pochte derart auf Sexismus, dass sich SJWs jeglicher Couleur in die Haare kriegten. Jetzt, da das Endprodukt vor dem Tribunal des Publikums steht, hört das Gros an extremen Positionierungen allerdings noch immer nicht auf, da die US-amerikanische Filmkritik beinahe wider besseren Wissens – frei nach dem Motto „Gut genug ist gut“ – positive Meinungen ausstellt und einen progressiven Charakter lobt, obgleich ähnlich strukturierte Filme weit härter in die Mangel genommen wurden. Natürlich könnte man sich lauthals ärgern, wenn der trockene und sarkastische Humor von einst nun an die grelle Improshow zufällig eingeworfener Trivialitäten und popkultureller Referenzen angepasst wurde. Gleichsam uninspiriert kann man die an zwei Stunden Laufzeit grenzende Dramaturgie finden, die sich durch harmlose Belanglosigkeiten blödelt, um letzten Endes die Pläne eines blassen Bösewichts zu vereiteln.
Solche Eckdaten sind allesamt dem Zeitgeist des aktuellen Mainstreams geschuldet – die Unterschiede zu früheren Filmen also daran abarbeiten zu wollen, dürfte genauso mühselig werden wie die Erkenntnis verschiedener Geschmäcker. Das Problem liegt eher im fehlenden Willen des Rechteinhabers Sony, höhere Qualität für jenes Franchise einzufordern. Stattdessen wird das Medium Film am energischsten als Werbefläche verstanden, in der sich nicht einmal ein Konsens-bedienender Regisseur wie Feig frei bewegen und Inspirationen schöpfen kann. Prominente Auftritte von Sony-4K-Camcordern, Pringles, Viacom und 7-Eleven ballen sich im obligatorischen Bombast-Finale auf dem Times Square, wie auch parallel die Menge an Geistern und anderer paranormaler Erscheinungen im CGI-Gewand zunehmen, ohne dass jemals eine echte Konsequenz für unsere Protagonistinnen zu spüren ist. Die Kalkulation spiegelt sich gleichsam in der Inszenierung wieder, welche die altbackene Jumpscare-Masche ad infinitum wiederholen, weil es ja sonst spannend werden könnte, am Konsens zu rütteln. Dabei ist dieser gar nicht miserabel umgesetzt, er zeugt nur von einer Unkenntnis, die Wiedererweckung der Ghostbusters (abgesehen vom Box–Office-Kapital) rechtfertigen zu müssen. Größtenteils hat man eine Emulation dessen vor Augen, was in Grundzügen einmal funktioniert hat und sich nun bemüht, als Komödie in einem Konzept Fuß zu fassen, das eine völlig andere Chemie voraussetzt.
Sogar der Fanservice gerät derart plump in seiner Anbiederung, dass er wie nachgeholt wirkt – abgesehen von Bill Murrays etwas größerer Rolle. Ungeachtet dessen sind die Neuzugänge in ihrer Charakterisierung wahrlich keine Glanzleistungen, wenn sie ihre Verhältnisse eher via Stichpunkt und abgekoppelten Jokes behaupten, als dass es im Zuspiel der Handlungen und Eigenarten motiviert wird. Diese bleiben jedoch bis zum Schluss verallgemeinert, allen voran hinsichtlich Patty Tolan (Leslie Jones), jene schwarze Dame im Bunde, welche neben einer lauten Röhre immer wieder beweisen darf, dass sie die Stadt wie ihre Westentasche kennt. Hat sich seit 1984 also nicht viel getan, außer, dass beinahe jede männliche Figur auf feige, dumm, schnöselig oder gemein (weil früher gemobbt) reduziert wird. Allerdings ist fairerweise jeder hier ein bisschen Bluna. An Präsenz sticht jedoch Rezeptionist Kevin (der stets zuverlässige Chris Hemsworth) durch seinen Kontrast heraus, obercool zu wirken, aber unfassbar dämlich zu sein, dennoch konstant von der ach so vernünftigen Geisterjägerin Erin Gilbert (Kristen Wiig) angebaggert zu werden. Ein gelungener Gag unter anderen weniger glücklichen, die sich entweder bleiern wiederholen („Die Katze ist aus dem Sack.“) oder mit solch einer Ankündigung ausgestellt werden, dass es dem Film selbst mit seinem eigentlich hochkomischen Damenquartett an Überraschung fehlt. Etwas Abwechslung verspricht Newcomerin Kate McKinnon als auf- und abgedrehte Jillian Holtzmann inklusive toller Tanzsequenz – doch es schmerzt, zu sehen, wie sie in einem Rollentypus voller Nonsens-Sprüche gefangen bleibt, der lediglich irritierte Reaktionen abfangen darf.
Natürlich geht der Film auch von einem Publikum aus, das Anarcho-Humor nur in Portionen vertragen kann; ebenso zwängt sich Feigs Gestaltung in Allgemeinplätze vom Furzwitz bis zu mehrmals zerdepperten Fenstern und dem Komplex „Frauen und Technik“. Ebenbürtig einfallslos kaut er in einer Handvoll leerer Studiokulissen Massen an Etablierung durch, um einerseits Gadgets (Spielzeuge fürs Merchandise) aufzubereiten und andererseits Mängel in Inhalt und Tempo mit Mythologien und Witzen zu kaschieren. Letzteres mag die gelungenste Eigenart sein, durch die das Zusammenwirken seines Geisterjägervierers eine Dynamik unter sich, eben Freiraum zur Sympathie erzeugen kann. Glücklicherweise vermeidet der Film trotz eines erheblichen Déjà-vu-Syndroms eine Kopie seiner Vorgänger. In der Umformulierung der Protagonisten begegnet man zwar derselben Skepsis, welche die Herren anno ’84 zu überzeugen hatten – aus jenen mehr oder weniger kernigen Kammerjägern werden hier jedoch unbedarfte Kleinunternehmer in der Bemühung, überhaupt ernst genommen zu werden. Paul Feig stützt dies nicht einmal explizit aufs Geschlecht, vielmehr präsentiert er den Kampf gegen Windmühlen, das Übernatürliche und Fantasievolle als etwas Wertvolles zu etablieren, legitim für sich stehen und abfeiern zu lassen. Beinahe so, als würde er, der Veteran des weit stimmigeren „Brautalarm“, an Sony appellieren, nicht nur die kassenträchtige Behauptung einer Geisterkomödie zu finanzieren, sondern auch aus künstlerischen Gründen daran zu glauben. Stattdessen spekuliert der Chef jener Megafirma, Tom Rothman, bereits über eine „endlose Reihe an Fortsetzungen“. Man mag nur hoffen, dass die Zügel etwas gelockert werden und wahre Inspiration schöpfen dürfen. Mehr Girl- statt Moneten-Power, bro!
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