Hu Weis „Ein Bild für die Ewigkeit“ stand mit neun weiteren Filmen in der Vorauswahl für eine Nominierung bei den Oscars in der Kategorie „Bester Realkurzfilm“ und wurde als einer von fünf Beiträgen nominiert.
Ist der Einblick in eine Kultur schon durch ein kleines Sammelsurium an Bildern komplett erfassbar? Bestätigen diese Eindrücke unsere Erwartungen und bringen uns näher an die Idee vom dortigen Dasein? Regisseur Hu Wei sieht jene menschliche Auffassungsgabe als gegeben und befähigt sich ihrer in seinem Kurzfilm des Beobachtens, „Ein Bild für die Ewigkeit“ („Butter Lamp – La lampe au beurre de yak“). Er lässt Personen, Pärchen und Familien vor einer Leinwand mit austauschbarem Hintergrund fotografieren. Ein einfacher Prozess; doch zudem einer der Dienstleistung, welcher in seiner Konstellation der vorder- und hintergründigen Inszenierung ebenso das kontemporäre Leben in China erfasst. Generationen in neuer und alter Kluft dürfen hier vor Bildern der Tradition stehen und darstellen, wie sich ihre Kultur definiert. Das ist jedoch reine Abbildung und in eine äußerst gefällige Form gepackt, da die Fotografen ihre Subjekte anordnen und vorzeigbar einfangen.
Grob gehen sie dabei nicht zur Sache. Im Gegenteil: Der Prozess wird mit freundlicher Bestimmtheit vollzogen; man bemüht sich, nett auszuschauen und sich zuvorkommend zu verhalten. Respekt für das Alte und Vergangene herrscht weiterhin vor, wie sich auch die Volksrepublik China darin darstellt, die Werte von einst (oder eher jene ab Mao Zedong) zu pflegen. Doch ebenso wird mit moderneren Hintergründen kokettiert, die Tradition gegen den abendländischen und global-medialen Anspruch ausgetauscht. Da wird gebeten, sich unterzuordnen – eine Wahl hat man aber schon gar nicht mehr. Schließlich kann man erst so wirklich am Erfolg der Nation teilnehmen – wofür man unter anderem ein Banner von den Olympischen Spielen in Beijing (2008) in petto hat. Aber wehe, man ändert etwas am Realismus im Verhältnis mit dem Hintergrund. Regeln sind Regeln!
Dieser Zwang, einen wichtigen Fortschritt dem Rest der Welt zu illustrieren, offenbart natürlich auch, dass jenes Herantasten an die Moderne für die meisten im Land nur eine Illusion bleiben wird. Lediglich durch einen Fototermin mit einer Leinwand wird dies greifbar und bleibt gleichzeitig fern – bloßes Requisit und Imitat. Nur der Bürgermeister der Gegend darf mal mit einem schicken Moped vorbeischauen, macht dann aber gleich darauf aufmerksam, dass jeder bitte seine Häuser aufräumen solle, da demnächst Vertreter der Regierung vorbeikommen. Hu Wei forciert Kamera und Protagonisten zu einer Statik des Stilllebens und präzisiert nüchtern das soziale (Un-)Gleichgewicht von Volk und der Erwartung an diesem. Nicht umsonst bersten die Hintergründe selbst im Traditionellen vor Prunk und Erhabenheit, während die Menschen sich dagegen nur klein und unterwürfig präsentieren können.
Umso unbeholfener stehen sie vor den neuen, aber ebenso übermächtigen Anforderungen und Veränderungen, die nichts anderes als Oberfläche sind. Doch sie können nicht anders, als es zu dulden. So mag Hu Wei auch keinen Ansatz zur Veränderung erkennen. Er belässt es dabei, abzubilden und hinter der Leinwand zu offenbaren, dass sich der entmenschlichende Fortschritt weiter anbahnt, ob man nun will oder nicht. Ist es da noch ein Trost, dass um das Altehrwürdige und die Natur herumgebaut wird; zumindest also noch immer etwas übrig bleibt? Das darf man für sich selbst entschlüsseln. Doch der Film hält sich ohnehin simpel genug – da ist es ein Einfaches, sich Schlüsse aus den Eindrücken herzuleiten. Als Einblick in die chinesische Kultur schafft Hu Wei mit dieser Abstraktion der derzeitigen und eingesessenen Verhältnisse aber auch humanes Verständnis. Es lohnt sich, da noch mal genauer hinzuschauen.
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