Aus hiesigen Landen kommt manch unterschätzter Veteran nur selten zu Ehren. Deshalb widmen wir uns dem Werk von Hans W. Geißendörfer in einer Retrospektive voller Filmschätze. Einer davon heißt „Eine Rose für Jane“ und wurde uns von der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Das routinierte Attentat ist in der Unterwelt ein gutes Geschäft, sagt uns der Genrefilm. Unfehlbare Killer kennen ihre Methodik und Umgebung in- und auswendig, sind auf alle Eventualitäten vorbereitet und effizient in ihrer Tödlichkeit. Ein solcher Killer begegnet uns in Hans W. Geißendörfers „Eine Rose für Jane“. Jones (Heinz Bennent) kommt pünktlich mit der Bahn an, manövriert sich stoisch durch alle Mechanismen des Alltags und bringt zunächst beinahe keinen richtigen Satz aus sich heraus. Nicht mal ein Voice-over bietet er an, genug Erklärung liefern dagegen die Abläufe seiner Handlungen. Geißendörfer und die Kameramänner Robby Müller und Willi Trautner fangen diese Abläufe in ausgeklügelten Plansequenzen ein, welche die Perspektiven ihrer Räume bis in jede Ecke ausreizen; statisch wie dynamisch. Im Bild zeigt sich gleichsam eine Kontrolle über Ausstattung und Statisten, die geordneten Einzelszenarien untersteht, aber bewusst der omnipräsenten Kalkulation des Protagonisten entspricht. Jones hat scheinbar alles im Blick und reagiert stets abgeklärt, selbst wenn Gefahr lauert. Geradlinig wie er selbst ist auch das Prozedere des Films.
Fast in Echtzeit verfolgen wir einen Tag, mit Jones als omnipräsente Führungseinheit auf den Spuren von Jean-Pierre Melville. Für eine Charakterstudie ist er ungemein schweigsam, doch gibt er alles preis. Die Konzentration auf Bewegungen zeichnet diesen Mann und reduziert ihn auf eine Funktionalität, die ihren Weg nur nach den Regeln jenseits des Gesetzes finden kann. Das Menschliche wurde ihm ausgetrieben, seine Emotionen muss er verstecken. Der Schalldämpfer lässt sich noch galant auf den Revolver aufschrauben, doch sobald eine Anomalie in der geplanten Ermordung vom Boss der Warner-Trans (Eddie Constantine) auftaucht, reagiert kein Impuls. Stattdessen tritt leichter Schweiß und die Gewissheit des Verrats aus, der er nun in anderen Bahnen begegnen muss. Seine Brutalität stellt ebenso schnell die Verhältnisse klar, doch wie es sich bereits bei einigen subtilen Abwegigkeiten in Vorder- und Hintergrund ankündigt, ist seine Sicherheit im unvermeidlichen Rückstoß der anderen Parteien am Zerbrechen. Obwohl Jones das weiß, nimmt er jede Konsequenz seines Handelns bis zum bitteren Ende hin – gefangen vom Gedanken an das Prinzip der Rache. Fluchtmöglichkeiten sind überall, doch für die Belange des Charakters unerreichbar, der in seiner Einsamkeit jedes Areal als Rückprojektion erscheinen lässt.
Letzteres Stilmittel wird ohnehin auf Jones’ Bahnreisen maßgeblich für die Vermittlung von seiner Geschlossenheit eingesetzt. Das minimalistische Narrativ erhöht zusätzlich den Druck mit einer angespannten Ruhe, in der das Figurenensemble seine Details verschlossen hält und ebenso gnadenlos reagiert. Die einzige Melancholie über diese Verhältnisse zeigt sich in Klaus Doldingers Musik, die wenig zur Rettung einspringen kann wie der blumige Titel des Films. Die Geste der roten Rose wird Jane zwar tatsächlich durch Jones zuteil, doch diese nutzt er eher aus Formalität, als Entschädigung für seine indiskrete Suche nach Informationen bei ihr. Es illustriert, wie wenig er vom wahren Leben noch hat und kennt, während es im Hintergrund an ihm vorbeizieht, wohingegen er mit blutiger Visage am Straßenrand liegt. Zwischen den Stationen kündigt sich seine Selbstkontrolle aber auch bei anderen an, ob nun bei den Kindern in der Ballettschule oder der Stripteasekünstlerin im Blue Butterfly. Der Choreografie des Lebens kann man nicht entkommen. Und Geißendörfer schafft mit seinem äußerlich unscheinbaren und leider kaum gezeigten Film, wie präzise man dies im Rahmen einer Inszenierung unter dem Mantel eines Genres ausdrücken kann.
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