Regisseur Oliver Hirschbiegel begibt sich mit „Elser“ zurück in die Gefilde der deutschen Vergangenheitsbewältigung. Nach „Der Untergang“ und in gewissen Teilen auch „Ein ganz gewöhnlicher Jude“ sind der Zweite Weltkrieg und Nazi-Deutschland hier erneut sein Metier. So berichtet er dieses Mal von einem Einzelschicksal aus dem Widerstand. Hauptprotagonist Georg Elser (Christian Friedel) plant darin 1939 ein Attentat auf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller – den historischen Begebenheiten entsprechend geht es leider schief und Elser gerät ins Kreuzfeuer. Im Verhör wird dann darauf gedrängt, Hintermänner und Beweggründe zu offenbaren. Doch Elser zwingt sich ins Schweigen; notfalls auch im Angesicht blutiger Folter. Sein Martyrium in der Gefangenschaft wird von Hirschbiegel recht geradlinig, wenn auch nicht schonungslos, konkretisiert. Das Kopfkino an sich soll erschüttern – ein Vorteil zum geistigen Vorbild „12 Years a Slave“ und dessen permanent peitschender Gefühlsnötigung.

„Elser“ zeigt die unvermeidliche Methodik des Unterdrückungsapparates, wie auch schon bereits zu Beginn das Scheitern des Attentats abgeklärt wird und sich die Spannung folglich nur noch darauf aufbaut, wie weit man mit der Traktur Elsers voranschreitet und ihn dennoch nicht bricht. Darin finden sich weder neue Erkenntnisse noch Bilder im Gros des weitflächig behandelten Genres; immerhin beherbergen die Handlungen des Gestapo-Terrors aber mit ihrer Ambition, alle Mittel anzuwenden, die zur Wahrheitsfindung „nötig“ sind, eine relevante Parallele zum gegenwärtigen Stand menschenverachtender Praxis in gewissen Kreisen der Kriminalistik. Ohnehin stellt sich aber zudem noch die ambivalente Frage, wie man Elser, einen derartigen radikalen Einzelgänger, der für die Zukunft seiner Heimat und gegen die Ungerechtigkeit kämpft, heute bewerten würde. Die Geschichte und seine Voraussagen zum Krieg geben ihm zwar recht, Hirschbiegel vermeidet jedoch eine Heroisierung, wie er auch entschiedener Melodramatik entgeht – was wiederum nicht verschleiert, dass er trotz aller objektiver Ermattung einer unmissverständlichen Konstruktion folgt, bei der auch noch jene oben gestellte Frage in den Hintergrund rückt.

So rekonstruiert er im beliebten narrativen Modus eingestreuter Rückblenden die Umstände, welche zu seiner Tat führten. In provinzieller Atmosphäre erlebt Elser den Wandel des Zeitgeists hinab in die absehbare Misere. Was sich hier schon in seiner Heimat Königsbronn, Baden-Württemberg, im Kleinen abspielt, steht repräsentativ für die nationale Korrumpierung des gewillten Volkes. Die neuen Machthaber der NSDAP suggerieren Fortschritt, doch Elser durchschaut anhand seiner Erfahrungen, welches Gift dahinter steckt. Dies zeichnet sich nicht nur daran ab, wie seine Freunde vom Roten Frontkämpferbund drangsaliert und nacheinander interniert werden, sondern auch, wie seine heimliche Liebe Elsa (Katharina Schüttler) in einer missbräuchlichen Ehe gefangen ist. Jene Faktoren motivieren ihn allmählich zu Plänen, aktiv zu werden und auch im globalen Sinne zu handeln. Hirschbiegel suggeriert dabei vornehmlich emotionale Beweggründe, auf eine stichfeste Logik zur Tat mag er sich aber nicht festlegen. Elser glaubt wohl auch anhand christlicher Motive daran, dass er damit den Ausgang der Welt ändern kann, obwohl er dadurch nur bedingt seine Liebe schützen dürfte, welche einen Großteil des Films bestimmt und dennoch nur indirekt von den politischen Verhältnissen beeinflusst wird.

Hirschbiegel verlässt sich darauf, dass das omnipräsente Gefühl des nationalsozialistischen Horrors auf die Seelen drückt und deshalb als abschaffbar empfunden werden muss. Ironischerweise hält er sich aber gleichzeitig darin zurück, eine wirkliche Nähe zu Emotionen zu wagen und diese zu veräußerlichen. Stattdessen folgt seine Dynamik der inszenatorischen Souveränität: Mutlos, aber angemessen gilt es, die Charakteristika des Ensembles festzustellen. Mehr will Hirschbiegel der Meinungsbildung halber eigentlich nicht anbieten – es wird einem theoretisch selbst überlassen, wie man für Elser und Co. empfindet. Der Film bleibt dennoch ein Antikriegsfilm und so verlaufen die Handlungslinien in erwartbares Terrain. Da wundert es auch kaum noch, dass die als Schockszenen etablierten Momente in ihrem Rahmen der Konventionalität nur bedingt wirken. Viel bleibt letzten Endes nicht mehr zu sagen, außer: Der Elser hatte Recht. Nur wusste man das vorher alles schon. Dennoch ist Hirschbiegels Film ein löblicher Versuch, die Furcht und den Schmerz des Nationalsozialismus anhand einer einzelnen Persönlichkeit zu verinnerlichen. Der Mangel an Konsequenz dämpft aber jenes Potenzial.

Meinungen

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