Krieg ist die Hölle: ein Standardspruch, der zwar stets Geltung hat, sich aber wie die permanente Wiederholung jenes beschriebenen, Nationen-duellierenden Zustandes auch mal verziehen kann, so oft wie man ihn schon gehört hat. David Ayer („Sabotage“) versucht dennoch, diesem Leitpfaden eine neue Facette abzugewinnen, indem er Herz aus Stahl“ mit einem besonders groben Seziermesser aufschneidet, um auf drastischem Wege die Brutalität des Zweiten Weltkriegs in klaustrophobischen Panzern und zerfetzten Körperteilen darzustellen. Die Idee dahinter ist weiß Gott keine Neuentdeckung, aber mit seiner schonungslosen Taktlosigkeit in Sachen Gewaltpräsentation ist Ayer eigentlich genau der richtige für den Job. Selten wird man nämlich von einem derartigen Prestige-Projekt des modernen Hollywoods so körperlich angewidert sein – bei all den explodierenden Köpfen, platt gefahrenen Leichen und Gesichtsresten in der Fahrerkabine. Jenes inszenatorische Schlachtfeld erhält von Kameramann Roman Vasyanov eine kühle Sprachlosigkeit des Grauens, der Score von Steven Price hingegen negiert dies öfters mit einem aufdringlich pathetischen Chorgehämmere.

Die Fehlkalkulation einer Melodramatik spiegelt sich dann auch im Gesamteindruck des Films wieder, da Regisseur und Autor Ayer einerseits erneut ein Ensemble an tötungserprobten Arschgeigen auffährt (Shia LaBeouf, Michael Peña und Jon Bernthal), dieses andererseits trotz seiner harten Schale den bitteren Schatten des Krieges mit sich trägt und selbstverständlich heroisiert für Freiheit und Gerechtigkeit kämpft. So plakativ ausgesprochen motivieren sie sich zwar nicht, doch im Sinne der Kameradschaft halten sie trotzdem ganz nach bewährtem Muster zusammen, inklusive bedeutungsschwangerer Monologe ihres War daddys Don Collier (Brad Pitt), der sogar ab und an arg gebrochenes Deutsch zum Besten gibt. Denn auch er weiß: „Sii sänd juhng uhnd wollen läben.“ Nachdem der letzte MG-Schütze nämlich kopflos nach Hause geschickt wurde, kriegt er einen neuen Rekruten – den Gefreiten Norman (Logan Lerman) – ins Team und der ist mit seiner Unschuld eine durchaus zartbesaitete Seele, weshalb man ihn erst regelrecht in die Grausamkeiten reinprügeln muss – je schneller er kapiert, desto besser.

Als Zuschauer kapiert man dann auch fix, dass man es hier mit knallharten Teufelskerlen der Armee zu tun hat und demnach nur schwer Sympathie für sie empfinden kann. So abgebrüht und selbstgefällig sie sich nämlich in ihrem entmenschlichendem Öl der Machohaftigkeit einschmieren, machen sie nämlich jede Situation unangenehmer als es jeder SS-Kommandant hinkriegen könnte. In jenen anfänglichen ruppigen Momenten erahnt man eine Konsequenz Ayers, die Bestie im Menschen freizulassen und das Heldentum der Historie im Angesicht permanenter Brutalität auszublenden. Doch gerade am gepeinigten Jüngling Norman finden alle im Verlauf eine Menschlichkeit wieder, die er mit aufopferungsvollem Einsatz seiner selbst quittiert, auch weil er am direkten Leib erlebt, wie eine junge Liebe seinerseits von den Nazis weggebombt wird. Darauf driftet Ayer wieder ins Reißerische ab und veranschaulicht kerniges Kriegsfutter, das im Rauch und in der Leuchtmunition des Feindes den Nervenkitzel des Gelingens verdichtet.

Zusätzlich zu zischenden Geschossen und brachialen Raketeneinschlägen dröhnt und rattert es auch noch durchgehend in der Maschine des ersehnten Sieges. Es gibt schlicht kaum Ruhe vor dem Sturm: Der Feind lauert überall; zudem wird ständig versucht, mit derben Flüchen die Angst zu besiegen. Wer kennt noch alles „Apocalypse Now“? Ayer rekreiert sogar in der Mitte des Films jene redseligen Begegnungen aus Coppolas Redux am deutschen Essenstisch. Er vergleicht ebenso Ideale, lässt Geschichten beziehungsweise Narben der Vergangenheit aufbrechen und gibt den Protagonisten als Ausgleich die Süße des Beischlafs obendrein dazu. In solch einem Genrefilm sind derartige dramaturgische Ähnlichkeiten aber auch zu erwarten – nur gibt sie Ayer zusätzlich noch mit einem Pathos heraus, bei dem selbst sein sichtlich engagierter Cast den einen oder anderen Dialog alberner Beliebigkeit nicht wettmachen kann. Am besten hält er sich bezeichnenderweise, wenn er in dem ganzen stickigen Getümmel einmal eine Pause findet und die Umgebung verinnerlichen, vom Grauen wegschauen kann.

Doch schnell rückt einem der Deutsche wieder zu Leibe. Da gilt kein Aufgeben, da sind sich alle einig und ballern mit Intensität in eine sinnliche Exploitation, die noch immer vollends Ayers Genuss der kinetischen Härte gerecht wird, allerdings auch eine unausgegorene Note verleiht. Denn letztendlich versucht er noch immer eine humanistische Hoffnung am Leben zu erhalten, in der Ästhetik einen Antikriegsfilm zu entwerfen, während die narrative Ebene die Notwendigkeit des Krieges feststellt und als gemeinschaftliches Unternehmen in schwierigen Zeiten abnimmt. Der Widerspruch von Heldentum und seelischer Pein findet hier zwar eine Versöhnung in Ehren und Zweckmäßigkeiten, aber keinen stimmigen Belang in Sachen emotionale Entlastung, gar Bestimmung. David Ayer will in beide Richtungen gehen: Krieg dämonisieren und heroisieren – ein tougher Hund von Regisseur, aber schlicht noch immer kopflos. Eben ganz das „Herz aus Stahl“.

Meinungen

Teile uns deine Meinung zu „Herz aus Stahl“ mit. Die Angabe eines Namens, einer korrekten E-Mail-Adresse sowie der Kommentartext sind verpflichtend. Alle Meinungen werden moderiert.

Bisherige Meinungen

Yannic
3. Dezember 2014
23:11 Uhr

Ich bin heiß auf Brad! ♥

Christian
3. Dezember 2014
23:44 Uhr

Shia digga – der ist sexy! Fette Narben und ein Zahn fehlt – HOT! ♥

Kinostart: 14.09.2017

Mr. Long

In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Kinostart: 27.07.2017

Django

Étienne Comars Debüt eröffnet mit einem Porträt über Django Reinhardt die 67. Berlinale.

Kinostart: 06.04.2017

Tiger Girl

Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.

Kinostart: 09.03.2017

Wilde Maus

Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Mr. Long

Sabu, Japan (2017)

Zerbrochene Leben und einstürzende Neubauten: In seiner neunten Berlinale-Teilnahme schickt Sabu Rindersuppen in den Wettbewerb.

Wilde Maus

Josef Hader, Österreich (2017)

Selbstmord durch gefrorenes Wasser: Josef Haders Debüt als Regisseur ist ein harmloser Film über Kommunikation und Schnee.

Occidental

Neïl Beloufa, Frankreich (2017)

Italiener trinken keine Cola! Neïl Beloufa verzettelt sich in seinem chaotisch-absurden Kammerspiel-Debüt.

Tiger Girl

Jakob Lass, Deutschland (2017)

Freiheit durch Reduktion: Jakob Lass’ dritter Langfilm zeigt erneut befreites, deutsches Kino basierend auf einem Skelettbuch.