Ganz unscheinbar treffen sie sich im Dickicht südkoreanischer Ländereien und tauschen nette Worte und Gesten aus, ehe sie sich auf bestimmte Zeit einquartieren. So fügt sich „In Her Place“ frei jeglicher Namen und Klischees nüchtern in eine kontemporäre Gemütlichkeit ein, deren Resultat einen dreifachen Anspruch zur Mutterschaft entfacht. Die Frau von außerhalb (Yoon Da-kyung) gibt sich zunächst für einige Wochen, im Verlauf sogar für Monate, einer Familie hin, deren junge Tochter (Ahn Ji-hye) mehr oder weniger freiwillig als Leihmutter fungiert und ihr später das Baby überlassen soll. Jene Entscheidung trifft zwar wiederum die Mutter des Hauses (Kil Hae-yeon), doch diese kann in alles umgebender Abgelegenheit nur mit Schweigen akzeptiert werden. Dahinter fruchtet jedoch ein Widerstand, der im Angesicht der Forderungen zur Selbstzerstörung neigt. Regisseur und Koautor Albert Shin kommt den Parteien zunächst ebenso mit einer Stille entgegen, die ihre Verhältnisse bar jeder plakativen Dramatisierung aufzudecken versucht.
Noch nett, aber bestimmt, bereiten sie sich auf den Deal vor, da das patriarchalische Horn für manch kleine Schritte zum Einverständnis noch in die Seiten stechen muss. Nicht dieser Zwang, sondern fast ausschließlich das Ziel zeigt sich im Blickfeld der verschämten Frau von außerhalb; ihre Umstände und Eindrücke kommen an erster Stelle, um eine Aura zu vermitteln, welche sie in der Kontrolle zum Glück gefangen nimmt. So verschiebt sich schließlich auch die Sympathie des Zuschauers, sobald der Erhalt des Kindes durch die persönlichen Belange des austragenden Mädchens potenziell gefährdet ist. Folglich macht sie sich für Einschüchterung stark, solange der Selbstzweck erfüllt wird. Während diese Sehnsucht das Menschliche ausklammert, wandert Shin in die Perspektive des Mädchens, das sich der Aufsicht zweier Mutterfiguren ausgeliefert sieht und selber keine Mutter sein darf. Auf subtilem Wege feuert der Einfluss beider ein psychisches Leiden an, das einem unbedingten Ideal Folge zu leisten hat. Nur zeitweise kann ihre eigene Mutter dabei die Rolle des Wächters unterbrechen und eine Quelle der Sorge darstellen, für die sie in anderen, besseren Umständen durchaus Zeit hätte.
Der Grundwert eines menschlichen Wesens bleibt der Tochter aber höchstens in Geheimnissen und Träumen vorbehalten, solange diese nicht auch vom Zerfall der Würde verschluckt werden, die im Grunde erst zur Ausgangssituation geführt hat. Die Verzweiflung am Überleben in moderner Zeit außerhalb des Modernen verbannt schließlich das Vertrauen. Das in den Herzen aller verabreichte Gift wirkt langsam, aber tödlich – und so ist auch Shins Film eine unterschwellige Dekonstruktion der Hoffnung. Wo anfangs noch die brave Souveränität alle Fehler unterbindet, zeigt sie im Verlauf ihre Hässlichkeit durch ein Unverständnis, für das der Film keinen exploitativen Exzess annimmt, aber auch keine Scheu fürs Konkrete. In den Konsequenzen lauert wiederum keine plakative Moral, da die Einsicht nicht mit allem rechnen konnte, doch auch ihren Egoismus reflektiert. Es gibt in der Erschütterung fern emotionalisierender Töne kein Urteil.
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