Kenji Misumis „Am Totenfluss“ bildet den zweiten Teil der sechsteiligen Serie „Lone Wolf & Cub“, welche auf dem gleichnamigen Manga von Kazuo Koike basiert. Im Rahmen der deutschsprachigen Erstveröffentlichung auf High Definition durch Rapid Eye Movies widmen wir dieser Reihe eine Retrospektive.
Der Titel des zweiten Teils der Lone-Wolf-&-Cub-Reihe, „Am Totenfluss“, kommt nicht von ungefähr, holt er doch von allen Werken der Serie so ziemlich das meiste Unterhaltungspotenzial aus der urtümlichen Prämisse heraus. Wieder ist es hier Regisseur Kenji Misumi, der unserem Kozure Okami (zu deutsch eben: einsamen Wolf) auf seiner bewusst ziellosen Reise nun zahlreiche Gefahren am laufenden Band auflauern lässt. Schon zu Beginn fetzen die Strohhüte entzwei, während sich die Köpfe spalten. Alsbald nähert sich das Unsichtbare, die verfeindete Macht der Yagyu-Familie, im Gras und auch in der Dunkelheit, auf dass nicht mal das Dampfbad in der Stadt Ruhe verspricht. Und so kommen sie dann in variierter Stückzahl, die Assassinen und Ninjas, ob bei Schnee, unter Wasser oder in den Dünen: Sie versuchen ihr Glück mit rauschenden Farben, weiblicher Unschuld und sogar Rüben. Doch alle scheiden sie so blutrünstig-virtuos dahin, wie sie es an Ogami vorhatten; da hilft nur die Entführung von Daigoro – doch selbst der setzt jetzt verstärkt die Fähigkeiten des Wagens und des lehrreichen Vagabunden-Daseins ein. Gnade lassen sie aber auch walten, jedoch nur, wenn der Feind aufgrund seiner ehrfürchtigen Sprachlosigkeit ohnehin nicht mehr zum Angriff bereit ist. Einsicht hält am Leben.
Misumis kurzweilige Fortsetzung offenbart der Serie eine Stärke des Einfachen. Mit nur 81 Minuten Laufzeit durchläuft er in eleganter Direktheit ein Ensemble an Bildern präziser Action. Sein Geschick visualisiert einen kompakten Zusammenhang von Blicken und Reaktionen, die schon von vornherein ihre Feinde ahnen und sich wortlos auf diese vorbereiten, wie man sich dann auch als Zuschauer auf die eventuellen Konfrontationen freut. Dementsprechend fliegt der Soundtrack auch in unterstützender Abwechslung stets neue Klangfarben ein, je stärker sich die Panorama-Shots der duellierenden Einsamkeit zu einer Eruption der zischend-grellen Gewalt türmen. Im tosenden Strom des Blutes fühlt sich die ungezwungene Verwirklichung malerischer Comic-Kraft eben zur Perfektion erblüht und erfindet noch vor Zack Snyders „300“ die kinetische Körpersprache der Speed-Ramp. Die Kameralinse lässt den Lebenssaft direkt ins Zelluloid leiten, Wasser brennen und das Sterben in eine akrobatische Ekstase verwandeln. „Am Totenfluss“ ist da das amoklaufende Pendant zum einleitenden ersten Teil, aber nicht minder eine Kapsel kultureller Schönheit und Poesie der Schmerzen. Schließlich sucht man hier selbst im dissonanten Schein der Macht die Wärme zueinander und verzeiht – nie wird es jedoch kalt im Fegefeuer der ewigen Hatz, daher leuchtet das Blut besonders beherrschend in dieser Energiespritze von Film.
Meinungen
Teile uns deine Meinung zu „Lone Wolf & Cub – Am Totenfluss“ mit. Die Angabe eines Namens, einer korrekten E-Mail-Adresse sowie der Kommentartext sind verpflichtend. Alle Meinungen werden moderiert.
Bisherige Meinungen
Vielleicht der beste Teil der Reihe!