Disney kann wieder Prinzessinnen-Style: Elsa, Anna, Rapunzel und Tiana heißen die holden Heldinnen der letzten Disney-Abenteuer. Nachdem die große Animationsschmiede Mitte der 2000er mit „Bärenbrüder“, „Himmel und Huhn“ oder „Die Kühe sind los“ eine Mittelmäßigkeit an die nächste reihte, hat das Studio wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden. Wer im Hause Disney auch immer auf die glorreiche Idee gekommen ist, wieder Filme im traditionellen Stil umzusetzen (wenn auch überwiegend computeranimiert), hatte den richtigen Riecher. „Frozen“ beispielsweise wird Box-Office-technisch schon bald zu den fünf erfolgreichsten Filmen aller Zeiten gehören und in Japan steht der Film momentan die zehnte Woche hintereinander auf Platz eins der Kinocharts. Insofern ist es ganz natürlich, dass mit „Maleficent“ ein Schritt in die eigene Vergangenheit gesetzt und der Klassiker „Dornröschen“ neu erzählt wird. Dieses Mal nicht gezeichnet, sondern ganz in echt und mit Angelina Jolie als titelgebende böse Fee Maleficent.

Böse ist in der Tat aber relativ – wo die alte Maleficent aus dem Jahr 1959 mit Sicherheit zu den fiesesten Antagonistinnen der Disney-Filmgeschichte gezählt werden darf, liegen in der Neuverfilmung die Grenzen zwischen böser Fee und Heldin ganz nah beieinander. „Maleficent“ dreht den Spieß einfach mir nichts dir nichts um. Anstatt die Geschichte aus der Sicht der guten Menschen zu erzählen, ist die vermeintlich Böse Dreh- und Angelpunkt des Narrativs. Mit ihrer Kindheit, ihrem Verhältnis zur Natur und der Beziehung zu einem Menschenjungen, dem sie langsam näherkommt und in den sie sich letztendlich auch verliebt, wird der Film eingeläutet. Und eben dieser Junge bricht ihr Jahre später das Herz und beraubt Maleficent ihrer Flügel, um des Königs Thronfolger zu werden. Was nun folgt ist das Stärkste des ganzen Films: Maleficent ist voller Hass und macht sich ihre ehemals so harmonische Welt untertan. Als König Stefan seine Tochter Aurora taufen lassen will, lädt sich Maleficent selbst zur Feier ein, um Aurora den aus dem Märchen bekannten Fluch aufzuerlegen.

Dass der Film dann einen anderen Weg einschlägt als „Dornröschen“, verwundert nicht. „Maleficent“ erzählt nicht noch einmal, er erzählt neu. Zwischen all den mehr oder weniger stumpfen Remakes heutzutage gefällt  besonders diese umgekehrte Ausgangspunkt. Recht willkommen, da das Märchen „Dornröschen“ zu den ältesten überhaupt gehört und sich gut und gerne viele verschiedene Erzählungen des Stoffes erlauben darf. Dass hier wirkende Ergebnis allerdings befriedigt nur bedingt. Jolie als Maleficent, Sharlto Copley (genau wie in Elysium wunderbar überzeichnet) als König Stefan und die wunderbar naiv aufspielende Elle Fanning als Aurora begeistern natürlich, doch liegt das eher am Können der Darsteller selbst und nicht am Aufbau der Charaktere oder gar dem Drehbuch. Der Film eilt von einem CGI-Moment in den nächsten. Sicher gibt es dabei große Schlachten und wunderschöne Welten zu entdecken, aber bei alledem vergisst „Maleficent“, seinen Figuren Tiefe zu verleihen oder Emotionen zu schüren. Und so ist es nicht verwunderlich, wenn das Ende nach knapp neunzig Minuten nicht das gewohnte Disney-Gefühl vergangener Tage aufkommen lässt. Da hilft auch die schöne Optik und ein gelungener Soundtrack von James Newton Howard nicht.

Wahrscheinlich hat sich Regisseur Robert Stromberg mit diesem Film ein wenig übernommen, war er in der Vergangenheit doch schlicht für das Produktionsdesign und die Effekte in Filmen wie „Avatar“ oder Tim Burtons „Alice im Wunderland“ zuständig – da scheint das Projekt „Maleficent“ für ihn als Neuling im Regiestuhl eine Nummer zu groß gewesen zu sein. Die Erkenntnis, dass Filme, die den Disney-Charme vergangener Tage aufblühen lassen wollen, auch scheitern können, schmerzt. „Maleficent“ hat zwar seine gelungenen Momente, vor allem die düsteren Passagen zu Beginn sind ausgezeichnet und erinnern an frühere Meisterwerke, doch je länger das bunte Treiben in der Computerwelt vorangeht, desto uninteressanter wird es leider folgend auch für den Zuschauer. Die Verantwortlichen dafür mit schwarzer Magie zu verfluchen, würde wahrscheinlich ein wenig zu weit gehen, aber eine kleine persönliche Gewitterwolke über ihren Köpfen wäre denkbar. Maleficent würde diese ihnen ganz bestimmt mit einem Lächeln auf den Lippen herbeizaubern.

Meinungen

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