Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Frau in den besten Jahren, erwarten Ihr Blind Date, legen Make-up auf, pressen sich in Spanx und Ihr hinreißendes Blümchenkleid von C&A. Dann aber lässt sich nicht zuerst Ihr Herzblatt blicken, sondern ein attraktiver Taugenichts, der Ihnen ans Leder will und Sie trotz Widerwehr auf dem Küchentisch vergewaltigt. Wie gehen Sie mit der Situation um? Erstens: Sie wollen Ihr Haus verkaufen. Zweitens: Sie graben Ihren Garten um, pflanzen Flora und Fauna neu und pinseln über die langsam abplatzende Farbe ihrer Fassade. Drittens: Sie schreiben Ihrem Peiniger Briefe ins Gefängnis, besuchen ihn, heizen ihn mit eindeutigen Posen an. Viertens: Sie lassen ihn zu sich kommen, nachdem er entlassen wurde, stellen ihn als Hilfsarbeiter für Ihr trautes Heim an, bringen ihm Eistee zur Erfrischung, wischen ihm den Schweiß von der Stirn. Denn Ihr Tatort ist noch immer nicht mondän genug. Und dann überlegen Sie sich wie in einem Exploitationreißer aus den Siebzigern, wie Sie ihm das Leben zur Hölle machen können.
Wirklich? Sie, eine Krankenschwester Mitte dreißig, welche extravagante Torten für ihre Kolleginnen bäckt, die Sie nicht ausstehen können, kontaktieren den Mann, der Sie über den Resten von Zuckerguss würgte? Vermutlich gibt es solche Zeitgenossinnen – weil sich für beinahe jede abstruse, groteske, absurde Philosophie aus Jux und Tollerei Anhänger finden, denen es nach einer Ersatzbefriedigung ihrer bornierten Leben bedarf. Vermutlich sollte Fouad Mikatis „Return to Sender“ mit Rosamund Pike im „Gone Girl“-Bitch-Modus ohnehin nicht mit allzu viel Realismus wenn denn überhaupt analysiert werden. Da dieser Film jedoch ein beinahe bahnbrechendes Faszinosum abbildet, wie auf kinematografisch niedrigem Fernsehniveau prominente Schauspieler (Nick Nolte lallt wieder!) über die Leinwand tollen, ist es schwer, ihn gänzlich haarsträubend zu finden. Auf äußerst erstaunliche Weise spielt Mikati (unbekannt durch „Rogues Gallery“) nämlich mit den Tropen eines Genres, von dem er gehört zu haben scheint – wohl aber eher über einige mäßig informierte Mittelsmänner.
Als Pikes Miranda schließlich zur Tabula rasa ansetzt, bewegt „Return to Sender“ erstmals ein Temperament, welches den Effekt als naive Tarantel fortführt. Ja, und dann … beginnen die Credits zu laufen. Gerade als Fouad Mikati drohte, eine reine Rape-and-Revenge-Persiflage zu kreieren.
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