Michael Cody und Amiel Courtin-Wilson haben sich vereint, um einen experimentellen Film in Kambodscha zu realisieren. „Ruin“ ist das bescheidene Resultat und kann wirklich nur als ambitionierter Fehlversuch eines Experiments bezeichnet werden. In einer nicht definierbaren Mischung aus Nicolas-Winding-Refn-Visionen, Möchtegern-Surrealismus und asiatischem Roadmovie treffen zwei verlorene Seelen aufeinander und flüchten vor der erschreckenden Welt des südostasiatischen Landes. Ästhetisch gesehen gibt es immer wieder interessante Umsetzungen: Eine digitale, absolute Tiefenunschärfe stellt das wortkarge Paar Phirun (Rous Mony) und Sovanna (Sang Malen) wie isoliert aus dem Geschehen, jedoch unterbrochen von diffusen Einstellungen, die so übermäßig hektisch wirken, dass sie beginnen zu nerven. Die fehlende Kohärenz in Form von Ellipsen ist an sich kein Kriterium für einen schlechten Film, doch hier handelt es sich um eine maßlose Aneinanderreihung von redundanten Szenen, die nicht wirklich eine Intention anstreben. Man sieht immer dasselbe Verfahren, den Überlebenskampf des Paares, den Kampf gegen die Belanglosigkeit des Lebens.

Morden ist etwas Alltägliches wie das Beschmieren eines Butterbrots zum Frühstück. Doch dass Prostituierte auf animalische Art und Weise von Touristen vergewaltigt werden, war mir trotzdem neu. Dies kann man zeigen, doch wenn es zu nichts beiträgt, außer zur Darstellung von Grausamkeit, ist es nicht notwendig und will nur eine riesige Lücke in der Handlung verbergen: Was machen die beiden eigentlich? Kein einziges Mal reden sie über irgendeinen Plan, bis Sovanna plötzlich ausflippt und sich bei ihrem treuen Begleiter beschwert, dass er nicht weiß, wohin sie gehen. Davor waren sie auf der Flucht wegen eines lapidaren Mordes, der Gelegenheitsarbeiter und die Hure. Und diese Frage wird auch niemals beantwortet, das Ende wirkt wie der gesamte Film: unausgereift. Selbst Freunde der düsteren Atmosphäre, dem nächtlichen, träumerischen Übergang zur Irrealität könnten das hohe Interesse nach und nach verlieren. Denn an sich ist eine interessante Grundidee vorhanden. Zunächst weiß das Regie-Duo mit eindrucksvollen Bildern und innovativem Sounddesign zu überzeugen, um dann an der eigens evozierten Impressionsüberdosis zu ersticken.

Meinungen

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