Die Liebe triumphiert über allem. Damit wäre das Leitmotiv von „The Huntsman & The Ice Queen“ abgedeckt, der Fortsetzung jenes düsteren Märchens, das sich vor einigen Jahren als „Snow White & The Huntsman“ präsentierte und nun den stählernen Jäger in den Vordergrund rückt. Wenn man so will, wird es männlicher, getragen von einem Hünen wie Chris Hemsworth, der ähnlich wie The Rock stets auf der Seite des Siegers steht und Sympathien erntet. Was jedenfalls nicht verloren geht, ist die Romantik im Land aus Forst und Zauber, wenn auch weniger im jugendlichen Anstrich. Denn Obacht: Jessica Chastain ist Hemsworths Herzensdame als Huntswoman Sara. Es knistert unter Erwachsenen, und gleichsam erlaubt sich auch Cedric Nicolas-Troyans Film einige Doppeldeutigkeiten und nackte Leiber im mittelalterlichen Ambiente der eiskalten Härte. Vollendete Konsequenzen halten sich jedoch zurück, solange sich der FSK-12-Pegel einschaltet – es fing bestimmt schon mit dem Rauswurf Frank Darabonts an, der ursprünglich für Regie und Drehbuch sorgen sollte. Im Endeffekt bemüht der Film mehrere Federn, um sich schmücken zu können: Im Zwang des Wiedererkennungswerts werden die Ereignisse des Vorgängers aufgerollt und die Missetaten von Königin Ravenna (Charlize Theron) nochmals mit einem Rückblick bedacht, damit ja die Timeline für eine Art Franchise stimmt.
Da wird sodann ihre Schwester Freya (Emily Blunt, teilweise auf Eisbären reitend) eingebaut, die durch eine markerschütternde Intrige der Liebe abschwört und mit den Kräften des Eises Herz und Macht verschlingt. Sicherlich ist das ein ebenso (wortwörtlicher) Schachzug von Ravenna, die für jede Eventualität vorgesorgt hat, weshalb ihre Niederlage durch Snow White hier zur Kausalkette einer noch stärkeren (vertraglich verpflichteten) Rückkehr führt. Vorerst lässt sich Freya jedoch als allseits bekannte Eiskönigin, Pardon, Ice Queen (so lautet die Eindeutschung) nieder und sammelt Kinder an, um Soldaten aus diesen für ihre Strategie der ewigen Gefühlskälte zu formen. Dafür fordert sie lediglich unbedingten Gehorsam und die Verbannung der Liebe im flächendeckenden weißen Terror – wohl doch eher eine ISIS-Queen? Das Prozedere orientiert sich bemerkbar an Bildern aus mythologischer wie filmhistorischer Vergangenheit, von „Conan“ über „Game of Thrones“ bis hin zu den russischen Märchen der sechziger und siebziger Jahre. Totalitäre Inneneinrichtung und glitzernde Klamotten sind im Breitwandformat ein Hingucker, ideal für die Belange des Eskapismus von James Newton Howard vertont und mit kräftigen 3D-Effekten garniert.
Huntsman & Huntswoman lassen sich aber nicht unterkriegen, lieben sich in geheimen Dampfbädern, rauschen mit Pfeil und Bogen, Axt und Faust in den Eigensinn hinein. Wird auch langsam Zeit, so wie sich der Katalog an Referenzen über knapp zwei Stunden formt und seinen Hang zur Exposition nicht lassen kann. Story und Ice Queen schieben sich also unison dazwischen, um das „…und Sie lebten glücklich bis ans Ende aller Tage“ aufzuhalten und bringen sogar einige mutige Risiken mit sich, die aber nicht konsequent ausgereizt werden. Denn niemand will hier wirklich tot bleiben! Den Drive bestimmt ohnehin jemand anderes: der Huntsman. Sein verschmitztes Draufgängertum ist sich für keine Rauferei zu schade; Schroffheit, Humor und Sehnsucht vereinen sich in diesem Diener der Adventure-Kompetenz, selbst als der Film nochmals sieben Jahre weiter springt. Der progressive Umgang mit starken Frauenfiguren dazu steht dem Film ohnehin – der Ballast des Plots lässt das frische Potenzial aber teilweise in der Sackgasse des Konsens abebben.
Manch charakterliche Baustelle wurde ohnehin vom Feinschliff verschont, was bei einem ehemaligen SFX-Guru wie Troyan leider mit einigen uninspirierten Actionszenen verbunden ist. Doch selbst er schafft es nur allzu willig, die Energie eines derart bombastischen Quartetts (Hemsworth, Chastain, Blunt, Theron) in eine Sternstunde der Unterhaltung zu ballen, selbst wenn die Milchstraße dorthin einige Löcher zum Reinfallen öffnet. Auf die Frage, ob der Huntsman einen guten Plan hätte, kann derjenige dies nur verneinen, aber zumindest als Qualität anrechnen, dass sein Plan ja ein simpler sei. Deshalb entscheidet der Film sein Schicksal letztlich auch nicht auf dem Schlachtfeld, sondern im Thronsaal unter Liebenden und Schwestern, korrumpierter und wahrer Liebe, Ignoranz und Einsicht. Die Bezwingung der inneren wie äußeren Eismauern schließt es sodann imposant ab. Und schließlich ist es wie und je schön, wenn ein Märchen eben ein Märchen bleibt – da täuscht auch die stylische Kernigkeit der Ultraoptik nicht darüber hinweg. Dem Erzähler des Märchens mangelt es gewiss noch an Flow, doch bei derart starken Frauen und Männern zwischen Gut und Böse ist bestimmt noch mehr Stoff drin. Bitte komm dann auch du zurück, KStew!
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