STUDIOCANAL veröffentlichte am 8. Mai 2014 „There Will Be Blood“ neben Martin Scorseses „Aviator“ in der Double-Up-Collection auf Blu-ray.
Noch 2014 wird Paul Thomas Andersons neuer Film „Inherent Vice“ von vielen Filmbegeisterten heiß erwartet, sieben Jahre zuvor schuf er mit „There Will Be Blood“ einen der besten Filme der 2000er. Daniel Day-Lewis, der nach einer finanziell bedingten Verzögerung der Dreharbeiten andere Rollenangebote ablehnte und sich vollkommen für Andersons Werk freihielt, spielt den skrupellosen Ölmagnaten Daniel Plainview in einer unnachahmlichen Weise der charismatischen Ambivalenz und einer selten dagewesenen Tiefe.
In der Tiefe ist auch das versteckt, was äquivalent zum Blut des Körpers, die Erde in sich trägt: Öl. Gierig nach Macht und in einer Obsession nach alleiniger Gewalt stürzt sich Plainview um 1910 in die tobenden Quellen, als könnte er deren Erguss trinken. Im Konkurrenzkampf mit der Umwelt und sich selbst, im Fittich der Misanthropie und in den Folgen der fehlenden Fähigkeit, zu vertrauen, stößt er bei allem fließenden Rausch nicht nur auf Kostbares, sondern verelendet innerlich an Einsamkeit. Die Kunst des Überzeugens durch Manipulation und eine differenzierte, opportunistische Beobachtungsgabe für das Suchen des eigenen Vorteils treiben ihn zum Ziel, an das er sich klammert, als hänge die Würde seines Lebens von einer hundertprozentigen Erfolgsquote ab. Day-Lewis kann das alles rigoros vermitteln, er wird zu dieser Person und verleiht ihr eine atemberaubende Ernsthaftigkeit, die in keiner einzigen Sekunde anzuzweifeln ist.
Die Bedrohlichkeit seines Auftretens intensiviert er durch seine sprechende Mimik, seine Skrupellosigkeit gewinnt immer mehr an Gewichtung, während sich sein Verstand immer weiter an die Dominanz seines brausenden Kapitalismus’ anpasst. Was ist ein Kriterium für absoluten Erfolg im Geschäftswesen? Das Vorgaukeln von Verständnis und das Einbetten von ausbeutender Strategie in der Tarnung vermeintlicher Hilfsbereitschaft. Als Plainview erkennt, dass es den Bewohnern des öltriefenden Landes an einer moderneren Lebensweise und Brotanbau mangelt, ködert er sie mit versprechenden Reden und benutzt die Naivität des jungen Pfarrers Eli, um sein Vorhaben zu realisieren. Eli ist der Leiter der Kirche, er ist Exorzist, der auf ekstatische Art und Weise die bösen Geister der Welt vertreiben will und durch seine hoch besuchte Predigt Einfluss auf den gesamten Ort Little Boston nimmt. Das kämpfende Wechselspiel von Kapitalismus und Religion ist ein wichtiger Faktor in „There Will Be Blood“ und zeigt sich auch darin, dass beide Instanzen voneinander abhängig sind, um einen Fortschritt zu machen.
Gleichzeitig ist die ambivalente Figur von Plainview höchst interessant. Ohne ihn würde zunächst die südkalifornische Umgebung weiter darben, ohne ihn gäbe es nicht diesen industriellen sowie ökonomischen Standard, den der Magnat für die Einwohner erschafft. Er hilft ihnen, während er ihnen alles wegnimmt, womit sie sich zu wenig auskennen. Diese Ausbeutung ist der Grundstein seines finanziellen Erfolgs und ein Teilgrund für seine Vereinsamung. Andere Teilgründe sind sein abscheulicher Ausdruck von Größenwahn und sein Nichtverkraften von Gönnen oder das Akzeptieren einer Niederlage. Seinen Hass auf jeden Mitmenschen lebt er offen aus, seine grundsätzliche Abneigung jeglicher Freundlichkeit verharrt in bewegungsloser Miene. Einzig und allein sein adoptierter Sohn H.W. stellt einen nicht soziopathischen Bezugspunkt in seinem Leben dar.
Robert Elswits Aufnahmen sind auf 35mm-Film im Breitbildformat gedreht worden und sie bewirken in Panoramaeinstellungen die Verkörperung von Einsamkeit inmitten der ariden Wüste. Allgemein kunstvoll gestaltet, peitschen die Bilder in einer synästhesierenden Symbiose mit dem genialen Soundtrack von Radiohead-Guitarist Jonny Greenwood in anziehender Qualität voran, so dass man trotz der 158 Minuten keine Sekunde der Langeweile erlebt.
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