Es sei eine wahre Geschichte, schreit der Titel. Natürlich. Aber womöglich manipuliert uns Rupert Goolds „True Story“ bereits dort – und vielleicht manipuliert er uns folgend ebenso. Denn vermutlich versteckt sich hinter jener Manipulation nochmals eine Manipulation, der schließlich in 99 Minuten weitere folgen. Weil es nicht nur um eine wahre Geschichte geht, sondern die wahrste von allen: die des Mordes. Und die eines Verbundes zwischen zwei Männern, welche der eine wissentlich forcierte und der andere wissentlich annahm. Wenn uns das amerikanische Gegenwartskino eines insbesondere fortwährend erzählen möchte, dann die Geschichte der Abhängigkeit. Von anderen Menschen, der Wahrheit, Recht, Gier, der obersten Schublade des Holzschrankimitats. Dort könnte die Lüge liegen, derer sich Michael Finkel (Jonah Hill), Journalist, und Christian Longo (James Franco), Narzisst, ermächtigen. Die Bibel gleich daneben.
Dahinter – es handelt sich natürlich um ein reinrassiges, amerikanisches Produkt – lungert lediglich temperamentlose, schmale Kost, ein Spiegel-Bestseller, so man will, der auf stagnierendem, unsäglichem, meditativ-plattem Fernsehniveau wenig erzählen möchte, aber noch weniger erzählen kann. Der gefallene Engel Finkel, nach einer Marginalität aus der New York Times ausgestoßen, findet keinen Job, wird jedoch von Longo zu einem berufen, nachdem dieser in Mexiko unter dem Pseudonym Michael Finkel von der Polizei festgenommen wurde. Daheim in Oregon wartet er auf seinen Prozess. Der Vorwurf: Christian Longo habe seine Frau und drei Kinder ermordet. Der dickliche, interessierte Geschichtenerzähler Finkel wittert eine Chance – der dünne, attraktive Märchenonkel Longo ebenso. Und da sich beide freilich ähnlicher sind, als sie glauben, bandelt der eine mit dem anderen der Geschichte wegen an. Eine Bromance anders gedacht, frei nach Truman Capote.
Regisseur Rupert Goold muss zwischenzeitlich allerdings entgangen sein, dass er ab Minute eins ein schales Mysterium aufspannt, das nicht existiert. Longo nämlich ist selbstverständlich schuldig, Finkel der lustlosen Fliegenfalle verfallen. Seine Freundin und spätere Frau Jill (Felicity Jones) hockt derweil zwischen Papierurwäldern oder studiert Heim und Herd, wenn sie denn nicht in einer fingierten Szene den hübschen, abermals gefriergetrocknet dreinblickenden James Franco im Knast besucht. Ja, die Frauen, in „True Story“ dürfen sie entweder ihrem Mann dienen – oder sterben. Womit Goold und Koautor David Kajganich eine weitere Facette an ihre redselige, uninspirierte und reichlich gediegene Banderole einer wahren Geschichte kleben. Weil „True Story“ jedoch nur im Untertitel von einem „Spiel um Macht“ erzählt, steuert der Zuschauer lieber die Wikipedia an. Geht schneller, ist billiger.
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