Magermilch und Dosenfutter. Mehr als diese zwei tumben Ingredienzen restaurierte das filmisch eigentlich höchst interessante Pappmaschee über das Biest im Manne, den in der Mythologie heimischen Werwolf, in den letzten drei Jahrzehnten kaum. Da schweift der Blick eher brüskiert denn vergnügt zu solch redundanten Wiedergängern wie Mike Nichols’ „Wolf – Das Tier im Manne“ (1994, mit einem damals typisch raubeinigen Jack Nicholson) und vielmehr unter Ekel zu Joe Johnstons „Wolfman“ (2010, mit Benicio del Toro und Make-up-Oscar). Nun wusste William Brent Bell wohl um dieses eklatante Loch – oder er gibt mit „Wer – Das Biest in Dir“ zumindest vor zu wissen, dass es dem zumeist traurigen Koloss mit viel Haar und sprengender Kraft (kommt denn mal der Vollmond raus) nicht mehr genügte, als rein abseitiges Vehikel der Jugendliteratur zu dienen (siehe positiv: Remus Lupin in „Harry Potter“; siehe haarsträubend: Jacob in „Twilight“). Den Mannwolf initiiert Bell daher regelrecht archetypisch als rumänischen Hünen (Brian Scott O’Connor), der eine Familie in Frankreich zunächst beinahe gänzlich zerfleischt (eine spätere Autopsie birgt hübsche Tote) und folglich ins Polizeirevier und auf die Schlachtbank wandert.

Dort reißen Bell schließlich alle Found-Footage-Stricke in einem erst demonstrativ schnöden Whodunit (inklusive Bär), bis ein klein wenig zu viel Flackerlicht aus dem medizinischen Testobjekt den Schlächter werden lässt. Endlich bersten dann hier auch dicke Liter an CGI-Blut (wohl das Maximum in einem Film dieses Genres bis dato), es folgt eine trockene Transformation und eine eher fleischige – wie ebenso ein wahrer Luis-Buñuel-Reinkarnationsmoment mit einer Rasur, die dem vorherigen übellaunigen Gore und Splatter markant eine Ohrfeige ins Auge schneidet. So grenzdebil gallig und doch ebenso dramaturgisch knisternd „Wer – Das Biest in Dir“ immerhin ist, entscheidet er sich dennoch gegen eine stringente Postmodernisierung, sondern wendet sich klassisch dem entpsychologisierten Biest zu. Das Wölfische findet seinen Ursprung und seine fortlaufende Entwicklung schließlich woanders. Und daraus wächst vielleicht die Sehnsucht, dass William Brent Bell demnächst das Wackeln lässt und doch das Morden klinisch beibehält. Kiefer sollte er allerdings weiterhin ausreißen.

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