Albinos sterben nicht in Tansania: Sie verschwinden einfach. Noaz Deshes „White Shadow“ handelt von eben jener Ausführung des schwarzafrikanischen Sprichworts in einer wirr-säuselnd komponierten Ästhetik, welche den Schwenk in den Himmel bis zum stimulierten Kollaps treibt. Inmitten der Erzählung steht Alias (Hamisi Bazili), ein weißer Junge mit gelb-lockigem Haar und fahlen Augen, der in diesem Land eigentlich besser schwarz sein sollte. Weil sein Körper aber das Pigment Melanin nicht oder kaum herstellen kann, gafft sein Umfeld auf seine Haut – manch einer sogar in dem Drang, ihm diese vom Leib zu reißen. Denn in Tansania verschwinden Albinos, weil gierige Dorfschamanen deren Knochen, Blut und Organe für obskure Elixiere, Zaubersprüche oder Glücksbringer und mehr als genug Dollar benötigen. Verwunschen sollen sie dort sein, diese Menschen mit dem minimalen Gendefekt, welcher ihr Leben auf dem Land beinahe unmöglich macht. Wo Armut herrscht, lebt Aberglaube.
Das Porträt aus der sicheren Ferne aber strebt der israelische Künstler Noah Deshe in seinem Spielfilmdebüt niemals an, vielmehr roh und unvermittelt pocht er selbst mit dem deutschen Bildgestalter Armin Dierolf auf semidokumentarische Szenarien und kochende Wut. „White Shadow“ wirkt wie ein Blutbad, selbst, wenn das Blut hier nur anfangs und gen Ende fließt, aber wenn, dann äußerst brachial, verzerrt, doch schwarz verhangen, beinahe unsichtbar. Vermutlich, wie Alias das Grauen selbst sieht, leiden Albinos durch ausgeprägte Fotophobie doch häufig an Blindheit oder verminderter Sehfähigkeit. Während Alias nach dem Tod seines ebenso hellhäutigen Vaters (Tito D. Ntanga) zu seinem Onkel Kosmos (James Gayo) und teilweise in die minimal tolerante Stadt flieht, sperrt Deshe auch den Schein einer linearen Erzählung fortwährend aus: Ferne Erinnerungen, Fantasien und Sprünge in die Zukunft katalysieren im unverankerbaren Moment.
Die Melange aus grober Guerilla-Akribie und losem Narrativ saugt jedoch eher jegliches Gefühl und jede beißende Bedrohung aus „White Shadow“, der sich alsbald hölzern schwer anfühlt und Alias den Stand raubt. Den Herzschlag dieser Riten und Rituale fängt der Film nur ein, sobald der Schnitt gewissermaßen stillsteht. Doch Noah Deshe montiert mit gleich drei weiteren Schnittmeistern zusammen, was irgendwann lediglich auseinanderfällt. Zumindest eine interessante Erwähnung wert: Ryan Gosling fungiert hier als ausführender Produzent.
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