Shion Sonos Hommage an den Enthusiasmus des Filmemachens, „Why Don’t You Play In Hell?“, punktet mit ausgelassener Wildheit und bietet einen kruden Genre-Mix, der vor allem der knalligsten Leinwandkomponente, dem spritzenden Blut, die Ehre erweist. Die Handlung, welche auf solch eine Klimax hinarbeitet, ist dementsprechend naiv gezeichnet, nicht unbedingt ohne das Pathos, welches man von Sono gewohnt ist, aber deutlich unbedarfter in Sachen Thematik und dramaturgischer Stringenz als sonst. So steigt man nach einem Zahnpasta-Spot in die euphorische Truppe der Fuck Bombers ein, junge 8mm-Cine-Begeisterte um den Regisseur Hirata (Hiroki Hasegawa), die eines Tages in eine Gang-Keilerei stolpern, die Situation ausnutzen und mit abgeklärtem Risiko filmen, was das Zeug hält. Dabei kommt der kampferprobte Kleinganove Sasaki (Tak Sakaguchi) auf ihre Seite und wird schnell von ihnen als der neue Bruce Lee Japans gehandelt. Ihr heimisches 35mm-Kino geht derweil langsam den Bach runter, doch den Traum des massiven Meisterwerks geben sie in jugendlicher Hoffnung (inklusive Anbeten des Filmgotts) nicht auf.
Bis Sono ihnen aber den Wunsch des einschlagenden Spielfilms erfüllen kann, setzt er in weiser Voraussicht einige Vorgänge in Gang, die zunächst noch abwegig vor sich her leben, stilistisch aber genau dem entsprechen, was unsere Helden suchen: heiße Yakuza-Machtkämpfe à la Kinji Fukasaku, zwischen dem Clan von Muto (Jun Kunimura) und dem von Ikegami (Shin’ichi Tsutsumi). Ersterer hat dabei nicht nur seine Tochter Michiko (Fumi Nikaidô), das Mädchen aus der Zahncreme-Werbung, unterm Dach, sondern auch die gnadenlose Braut Shizue (Tomochika), welche selbst unbewaffnete Konkurrenten aus Notwehr zerhäckselt. Rutschig wird da der Fußboden vom ganzen Blut und so kommt dem einzigen Überlebenden, Ikegami, die kleine Michiko entgegen, bringt ihn mit ihrem drolligen Werbesong wieder auf die Beine und lenkt ihn zufällig vor die Kameras von Hirata. Komischerweise bemüht sich Ikegami schon verschmitzt um schauspielerische Glaubwürdigkeit, weil die Kids ihn cool finden – ein deutlicher Zuspruch von Sono im Sinne der (nicht nur) japanischen Filmkultur, dem Reiz der Außenseiter, Verlierer, Outlaws und Bösen eine Plattform zu ermöglichen.
Es vergehen daraufhin aber erst mal zehn Jahre: Die Fuck Bombers kriegen noch immer keinen Spielfilm auf die Reihe und ihr potenzieller Star Sasaki sucht schon das Weite, obwohl die anderen noch immer ans Gelingen glauben. Die Yakuza-Dame Shizue verweilt seit ihrer Notwehr im Gefängnis, doch der treue Ehemann Muto verspricht ihr für ihre baldige Entlassung einen gerade entstehenden Kitsch-Spielfilm mit der Tochter Michiko, deren Karriere leider keinen Höhenflug nahm, nachdem der Spot von einst aufgrund ihrer familiären Schwierigkeiten schnell aus dem Verkehr gezogen wurde. Sie flieht jedoch vom Set und noch immer anhaltenden Attacken des inzwischen stilsicher in Kimonos eingekleideten Ikegami-Clans, woraufhin sie zufällig einem jungen Bewunderer aus alten Zeiten, Koji (Gen Hoshimo), begegnet und mit ihm die heimliche Flucht fortführt. Er verfällt ihrem Antlitz noch immer mit romantischer Nervosität, findet sich aber bald in den Reihen des hinterherjagenden Muto-Clans wieder, wobei Michiko ihn zum Schutz als Regisseur ihres eigenen Films ausgibt. Überfordert von der Verantwortung der ihm unbekannten Technik, winkt ihm einstweilig beim Kotzen das Schicksal und schwingt ihn in die wartenden Arme der Fuck Bombers.
Auf diese große Chance haben sie gewartet und die von Muto angeführten Yakuza machen tatkräftig mit, um dessen Familie mit voller cineastischer Liebe glücklich zu machen, wie es Hirata und Co. auch permanent für sich selbst anstrebten. Da ist es auch vollkommen gleich, dass daraus ein wahrhaftiges Massaker zwischen den Banden entsteht: Ausleuchtung, Ton und Kamera stehen, jeder macht seine beste Figur vor der Linse, schlitzt, ballert, blutet und weint in maximaler Ekstase, bis die Polizei kommt und ohne Erbarmen den ganzen Spaß sowie seine Macher ausschaltet. Ein krasses Symbol der Zensur von Sono. Doch Hirata gibt nicht auf, sammelt sein Material auf und rennt im Blut gesäumten Sieg die Straße hinunter, bis es schließlich so scheint, als ob Sono den Wunschtraum seines Protagonisten in der Projektion des vollendeten Films erfüllt und alle Mitstreiter über die Regeln der Realität hinaus wieder auferstehen lässt. Diesen süßen Schlusspunkt lässt er jedoch nicht zu; Filmemachen ist nun mal kein Zuckerschlecken, eher eine harte, gar sadomasochistische Gewaltspritze, bei der man selbst als Schöpfer zu deftigen Maßnahmen greifen, in hier überspitzter Form schier Verbrecher werden muss.
Es hält sich aber dennoch alles bewusst im Rahmen einer schrulligen Komödie auf, welche der rationalen Realität schon anhand des abstrus-verwickelten Plots durchgehend entsagt und mit anarchischer Freimütigkeit auf allen gestalterischen und narrativen Ebenen zur süßen Energie des Selfmade-Kinos aufruft. Sonos Film ist daher ein Hort der exploitativen Trivialität geworden: schroff, schrill und meist recht belanglos. Aber ebenso einfach nur glücklich über die Existenz des Mediums – für ein Werk unsterblicher Passion. Eben die konsequente Naivität einer cineastischen Liebeserklärung mit dem typisch japanischen Wahnsinn.
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