Starb in Zach Braffs „Garden State“ (2004) noch die querschnittsgelähmte Mutter, muss in „Wish I Was Here“ nun der krebskranke Vater dran glauben. Da stellt sich die Frage: Spielt so wirklich das Leben? Oder ist es vielmehr ein schon abstruses filmisches Konstrukt, welches sich vom Melodram des wahren Lebens in die Plattitüden des sogenannten amerikanischen Independent rettet? Wo ein jeder glaubt, es sei wahrhaftig, es sei echt, so würde das Leben wirklich spielen? „Wish I Was Here“ ist dabei eines niemals: echt. Zwar mögen es echte Probleme sein, um die der Film oszilliert, seine Figuren aber – und die Lösung jener Probleme – sind es nicht. Stattdessen schlendern sie wie Mittelstandbürokraten durch kindliche Fantasiekomplexe, immer im Schrecken, alles könne einstürzen, wenn sie nur lange genug darüber nachdenken würden. Über das Leben nachdenken, das scheint schwer, besonders wohl für Zach Braff, der früher als Andrew Largeman eine dröge, unbeeindruckte Generation porträtierte und dies nun nochmals blind-generisch versucht.

Aus Andrew, der nach Jahren in der Ferne nach Hause zurückkehrt, ist Aidan geworden. Aus dem Mittzwanziger, der die Liebe suchte, aber über sie eigentlich nichts wusste, der Mittdreißiger, welcher die Liebe vor Jahren einmal fand, heiratete, und um den jetzt eine Familie mit zwei Kindern quengelt. Aus dem erfolglosen Schauspieler in Los Angeles der erfolglose Schauspieler in – genau – Los Angeles. So dreht sich alles im Kreis um die eigene Bedeutungslosigkeit, während die Kinder eine Jeschiwa besuchen, bis diese nicht mehr bezahlt werden kann, weil Aidans Vater (ein kleiner Hoffnungsschimmer: Mandy Patinkin) eine alternative Therapie gegen den Lungenkrebs versucht. Daher spielt Aidan schließlich den Hauslehrer – und der Segway fahrende Rabbi knallt gegen Krankenhauswände.

Gewissermaßen rührt Braff den Brei einer verlorenen Jugend und deren Traum von Selbsterfüllung abseits der Provinz lediglich neu an – inklusive Brett-Ratner’scher Casting Couch, exaltierter YOLO-Attitüde und einigen Ausführungen des spirituellen Phrasenschweins. Bisweilen aber funktioniert „Wish I Was Here“ ebenso wie „Garden State“ mittels weniger sprachloser Momente, in denen sich die Kamera vom Leid lossaugt und die Emotion in Blicken, statt in Worten transportiert. Es bleibt zu wenig, um wieder ein existenzialistisches Panorama zu werden, weil alles Lifestyle ist.

Meinungen

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Bisherige Meinungen

Mr. Fox
26. September 2014
11:11 Uhr

Wer hochemotionale Filme mit Themen rund um das persönliche Scheitern im Leben, in der Liebe oder dem Verlust von geliebten Menschen macht, läuft schnell Gefahr, sich zwischen Kitsch und Kalenderspruchweisheit zu verzetteln.
Zach Braffs Film schlittert immer wieder haarscharf an diesen Problemen vorbei – manchmal kleistert er auch einfach schöne Bilder mit schöner Musik zu – in der Hoffnung, dass niemand merkt, das er auf manche Leerstelle seiner filmischen Gefühlsachterbahn keine passende Antwort hat.
Aber – auch sein neuer Film zeigt ein tolles Gespür für die Skurrilitäten des Alltags, dem Spannungsfeld zwischen Möchtegern und Wirklichkeit und den schmerzhaften mal komischen Herausforderungen der Ü30-Generation.
Mit einer großartigen Besetzung und einer gekonnten Regie gelingt ihm ein ehrlicher, oft extrem unterhaltsamer und emotional glaubwürdiger Indiefilm, der sich gottseidank an den richtigen Stellen selbst nicht zu ernst nimmt. Nicht ohne Schwächen aber im Vergleich zum hiesigen Schweiger-Gefühlskino diesem in allen Belangen haushoch überlegen.

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