Nach dem vielfach preisgekrönten und sich großer Beliebtheit erfreuenden Coming-of-Age-Meisterstück „Boyhood“ knüpft Richard Linklater mit „Everybody Wants Some!!“ inoffiziell dort an, wo er aufgehört hat. Die akribisch nachgezeichnete Kindheit fand ihren Abschluss beim Gang aufs College. Hier jedoch ist er der Beginn der Geschichte: Im Texas der achtziger Jahre findet sich ein Freshmen-Baseballteam in einem Haus zusammen und darf innerhalb der ersten durchzechten Nächte vor dem offiziellen Start entdecken, was es eigentlich will. Erfahrung? Sex? Ruhm? Linklater übertrifft sich selbst und liefert eine energiegeladene Nostalgiebombe im allerbesten Sinne!
Allein der Titelsong „My Sharoona“ von The Knack entlädt sich mit hitziger Wildheit und regt zum Mitwippen an, während Jake (Blake Jenner) lässig im Auto durch die Straßen der neuen Stadt fährt und die Atmosphäre der ihm bevorstehenden Jahre einsaugt. Als Pitcher des neuen Baseballteams kann er sich direkt in ebendieses integrieren. Die Jungs wohnen gemeinsam in einem geräumigen Gemeinschaftshaus und lassen sich selbst von den strengen Anweisungen ihres Trainers nicht davon abbringen, zur Feier des Tages und des neuen Lebensabschnitts ordentlich einen heben zu gehen. Ihre Sauftour führt die schon nach kürzester Zeit fest eingeschweißten Compagnons in Clubs, wo auf Weiberjagd gegangen wird und diese erfolgreich auf Autorücksitzen oder beengenden Zimmerchen des großen Hauses landen. Geballte Feierwut, Rocksongs, Dope und nicht zuletzt die hinreißende Beverly (Zoey Deutch) lenken Jake und den Rest der Truppe von dem Ernst des Lebens ab.
Was andere Regisseure oftmals nur mit sichtbarer Schwerfälligkeit vollbringen, gelingt Linklater mit ungeheurem Esprit und einer Lockerheit, die einem die gesamte Laufzeit über ein nicht ausradierbares Grinsen aufs Gesicht zaubert. Ausgehend von einer, wie bei ihm üblich, eher simpel gestrickten Story, zaubert er ein Maximum an Stimmung hervor und kreiert dabei neben dem frischen Ambiente eine beneidenswerte Clique, von der sich jedes einzelne Gesicht einzuprägen weiß. Derweil andere Filme sich auf den primären Handlungsstrang beschränken würden, wird hier ein facetten- und figurenreicher Kosmos komponiert, der in so pointierter und stilsicherer Coolness daherkommt, wie man es kaum kennt. Zum unabdingbaren Charme trägt auch das reizende Newcomer-Ensemble bei, das sein Charisma förmlich aus der Leinwand sprüht.
Aufgebauscht durch üppige Kultsongs, zu denen die agilen jungen Körper auf den Tanzflächen mitschwingen, sowie dem titelgebenden Hit von Van Halen, wird man auf denkbar schönste Weise in eine freigeistige Dekade zurückteleportiert und an die eigene Zeit erinnert, in der die Welt noch offen stand. Zeitgleich werden auch melancholisch nachdenkliche Ausgleiche geschaffen, in denen die künftigen Studenten über Kommendes und ihre persönliche Zukunft sinnieren. Indem Linklater seine Charaktere mit einem sensiblen Gespür für Timing, Dialoge und Tiefe zeichnet und sie durch die Irrungen der ersten Orientierung manövriert, statuiert er sich erneut als feinsinniger Beobachter kleinerer Alltäglichkeiten. Er offeriert ein formal spaßiges Drama, das sich aber auch gerade durch seine unterschwellig transportierte, emotionale Substanz, sowie psychologisches Fingerspitzengefühl auszeichnet und daher nicht allein dramaturgisch im weiten Sinne die Grenze zur Trivialität anderer Collegefilme schwerelos überflügelt.
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